Was die Theorie angeht, ist Tom Beutler sattelfest. Nach zehn Semestern Studium der Politologie an der Uni Bern steht der 25-jährige kurz vor dem Lizentiat. Doch Politik ist bekanntlich nicht nur Wissenschaft. Das wissen auch die Berner Politologie-Professoren und schicken deshalb ihre StudentInnen raus aus dem Elfenbeinturm. Neben einem Semester an einer fremdsprachigen Hochschule, gehört auch ein Praktikum zum Curriculum. Die Praktikumsplätze bei einer Partei oder NGO müssen sich die Studierenden selbst organisieren. Eigentlich suchte Tom Beutler eine Beschäftigung bei einer Organisation im Bereich Natur und Umwelt. Ausländer- und Asylpolitik war für ihn zwar kein Fremdwort, so doch nicht sein Top-Fachgebiet. Über das Sekretariat der Grünen Partei der Schweiz, wo er einen weiteren Teil seines Praktikums absolviert, fand Tom zu SOSF.
Mister Schwarzbuch
Im Gespräch mit SOSF-Sekretär Balthasar Glättli habe sich bald einmal herauskristallisiert, dass die Erarbeitung einer umfassenden Dokumentation zur neuen Praxis des Sozialhilfeausschlusses für Asyl Suchende, auf deren Gesuch nicht eingetreten wurde, eine ideale Aufgabe für die Zeit seines Praktikums wäre.
Seit Juli trägt Tom Beutler Materialien zusammen. Konkret heisst das: Presseberichte auswerten, Gesetzestexte durchforsten, Korrespondenz mit Hilfswerken und Behörden führen und Betroffene anhören. Wichtig ist aber auch der Augenschein vor Ort. Zu diesem Zweck hat Tom Beutler bereits zwei Mal den Nothilfe-Bunker auf dem Jaunpass besucht (siehe Seite 4) und sich bei der Freiplatzaktion in Basel kundig gemacht. Was er da mitgekriegt hat, ist auch für einen, der sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen lässt, erschütternd. «Da werden mehr oder weniger systematisch Grundrechte eingeschränkt und zwar ausgerechnet bei jenen, die sich nicht wehren können», empört sich der SOSF-Praktikant.
Berufswunsch Entwicklungszusammenarbeit
Vom Schwarzbuch erhofft sich Tom Beutler eine breitere Diskussion über die unhaltbare Situation jener Menschen, die der Staat in die Illegalität abdrängt. «In den Parlamenten gibt es bekanntlich keine Lobby, die sich für Rechtlose und Illegalisierte einsetzt.» Für den angehenden Politologen ist klar, dass er auch in seinem späteren Berufsleben mit dem Privileg den roten Pass zu besitzen, verantwortungsvoll umgehen will. «Ich will etwas von dem zurückgeben, was ich hier in der Schweiz einfach so erhalten habe.» Bereits vor Studienbeginn habe er den Wunsch gehabt, später einmal im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit zu arbeiten. «Das hat mich letztlich auch immer wieder motiviert mit dem Studium durchzuhalten.» Gegenwärtig ist es die Arbeit am Schwarzbuch, die ihn motiviert und auf Trab hält.
Nick Lüthi
(Quelle: Bulletin September 2004)