Amanda Ioset
Ab diesem Sommer übernimmst du die Geschäftsführung von Sosf. Worauf freust du dich am meisten?
Auf die Möglichkeit, eine sinnstiftende Arbeit auszuführen. Es war immer sehr wichtig für mich, die Rechte der Benachteiligten unseres Systems zu verteidigen. Im Kielwasser der Zunahme von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit werden heutzutage die Rechte der MigrantInnen am Stärksten in Frage gestellt. Mal geschieht dies im Namen der Sicherheit, dann der Missbrauchsbekämpfung oder nun sogar der Überbevölkerung! Diese Situation ist ungerecht und empörend - und ich sehe bei Sosf die Chance, meinen Beitrag zur Änderung dieser Situation zu leisten. Darüber hinaus freue ich mich darauf, das politische Umfeld der Deutschschweiz zu entdecken und mit Gisela und Heiner, sowie den Freiwilligen des Vereins zusammen zu arbeiten.
Du sprichst von den «Benachteiligten unseres Systems». Ist das «Ausländerthema» ein politisches Laboratorium?
Ich bin mit Christophe Tafelmacher einverstanden, wenn er sagt, dass der Abbau im Asylwesen ein Laboratorium des Sozialabbaus ist. Seit mehreren Jahren werden unsere sozialen Errungenschaften ständig angegriffen und dieser Prozess hat sich wegen der Krise verstärkt. In diesem Kontext sehen wir, dass Argumente die zuvor vorwiegend im Ausländer- oder Asylbereich benutzt wurden (wie z.B. der Kampf gegen die «Asylschmarotzer») auch in anderen Bereichen verwendet werden um beispielsweise die Arbeitslosenversicherung oder die Sozialhilfezu attackieren. Wenn erst einmal der Angriff auf die Grundrechte einer bestimmten Gruppierung, wie z.B. abgewiesene Asylsuchende, gesellschaftlich toleriert wird, dann ist es einfacher diese Logik zu generalisieren. Das ist ein bedenkliches Phänomen... Für alle!
Sosf arbeitet in diesem Kontext an einer Volksinitiative im Bereich Diskriminierungsschutz, um die Grundrechte der Betroffenen zu stärken. Welche anderen Wege siehst du, um diesem Phänomen die Stirn zu bieten?
Die Initiative geht in die richtige Richtung. Um Diskriminierung zu bekämpfen ist es wichtig, die diskriminierende Situationen anzuprangern - und darüber den Umstand, dass sie von einem Grossteil der Leute akzeptiert oder toleriert wird. Ich finde aber auch, dass man dieses Problem durch Basisarbeit und nicht ausschliesslich auf institutionellem Weg angehen muss. Dazu sollten wir einerseits mehr Orte schaffen, an denen sich die Bevölkerung und die MigrantInnen direkt begegnen. Denn viele Vorurteile, die schliesslich die Grundlage jeglicher Diskriminierung bilden, verschwinden nach einer individuellen Begegnung. Auf der anderen Seite sollten wir Kampagnen entwickeln, die die verschiedenen «Benachteiligten unseres Systems» vereinen und die gemeinsamen Probleme betonen. Um eben aufzuzeigen, dass wir «alle im selben Boot sitzen».
Du betonst die Wichtigkeit der Begegnung, um Vorurteile abzubauen. Hast du dazu bereits ein konkretes Projekt vor Augen?
Letzes Jahr hat beispielsweise ein Verein in Neuchâtel ein multikulturelles Beach-Soccer Turnier organisiert. Es gab sowohl Teams mit Asylsuchenden und Flüchtlingen - aber auch Jugendliche, die einfach nur wegen dem Fussball gekommen sind. Ich möchte gerne ähnliche Veranstaltungen in einem überregionalen Rahmen in Bern organisieren. Die Kombination aus Sport und Politik eignen sich dazu relativ gut, weil sie Hierarchien abzubauen vermag - und somit niederschwellig wirkt. Wenn wir stärker werden wollen, sollten wir versuchen, unpolitisierte Leute für die Situation von MigrantInnen zu interessieren. Dafür werde ich arbeiten!
Autor: Moreno Casasola
- Das Portrait von Amanda Ioset ist im Bulletin 02/14 von Sosf zu finden