An der heutigen Schlussabstimmung zur Totalrevision des Bürgerrechtsgesetz hat das Parlament die schweizerische Einbürgerungspraxis verschärft. Der Entscheid folgt dem bekannten Muster in migrationspolitischen Sachverhalten: die Parteien der bürgerlichen Mitte mimen den Steigbügelhalter für die Verschärfungsgelüste der SVP. Ein Kommentar.
Nach langem Kampf blieb den Grünen und der SP nur der Protest. Die Bedingungen zur Erlangung des «roten Passes» machten am Ende die Bürgerlichen und die SVP unter sich aus. Denn kurz zuvor war sie gescheitert, die «unheilige Allianz» zwischen Links und Rechts, die der Totalrevision des Bürgerrechtsgesetz die kalte Schulter zeigen und sie zum Absturz bringen sollte. Bedauerlich. Während der gesamten Debatte zeigten sich die Mitteparteien erneut und sehr gerne bereit, MigrantInnen aus den ihnen so unliebsamen Drittstaaten «eins auszuwischen»: die erheblichen Verschärfungen der Revision gehen zu allergrössten Teilen auf Kosten dieser Bevölkerungsgruppe.
Unter dem Strich bringt die Gesetzesrevision höhere Hürden zur Erlangung des Schweizer Passes, insbesondere für (ehemalige) Flüchtlinge und Drittstaatangehörige. Eine Niederlassungsbewilligung ist neu Voraussetzung zur Einbürgerung, ebenso «eine erfolgreiche Integration», die sich schlicht nicht messen lässt. Auf der positiven Seite steht immerhin eine Harmonisierung der kantonalen Praxis und somit eine Beschränkung der reichlich willkürlichen, kantonalen Wartefristen.
«Ein fremder Fötzel bleibt stets ein fremder Fötzel!»
Insgesamt stossen die materiellen Veränderungen glücklicherweise (fast) niemanden ins direkte Elend, wie dies z.B. bei Verschärfungen des Asylgesetzes jeweils der Fall ist. Doch in der Einbürgerungsfrage ist es auch viel mehr die Metaebene, die zählt. SchweizerIn zu werden, so die Botschaft des Parlaments, ist ein Privileg, dessen man sich als würdig zu erweisen hat. Doch «würdig zu sein» lässt sich leider nicht objektiv erfassen, sondern basiert auf einem Wertekodex bestehend aus altbackenen Mythen und nationalistischen Gelüsten. Mit dem Ja zur erschwerten Einbürgerung giessen die Damen und Herren ParlamentarierInnen Wasser auf die Mühlen jener Kreise, die längst schon unterscheiden zwischen «echten Eidgenossen» und «eingebürgerten SchweizerInnen». Für diese Kreise gilt: «Ein fremder Fötzel bleibt stets ein fremder Fötzel!». Diese Philosophie erhielt heute leider Auftrieb.
In Zeiten, in denen die nationalistische SVP Grundsatzabstimmungen zur Identität der Schweiz gewinnt und die pseudoökologischen Kreise um Ecopop die jüngste Schwarzenbach-Renaissance feiern, schmerzt diese Gesetzesrevision. Ein gescheitertes Gesetz wäre ein Votum gegen Engstirnigkeit und gegen die mittlerweile reichlich realitätsfremde Überhöhung des eigenen, nationalen Selbstverständnisses gewesen. Diese Überhöhung endlich einmal etwas auszubremsen, diese Chance wurde heute leider verpasst.
-
Autor: Moreno Casasola