Ein bisschen mehr als einen Monat vor der Volksabstimmung über das Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus, und jetzt da die von den Basisgruppen der Asylbewegung seit langem angeprangerte Gewalt in den Asylzentren allmählich den Weg in die Medien findet, gibt das SEM in einem Communiqué an, dass es wegen Gewaltakten aus politischen Motiven Anzeige erstattet hat. Aber es fokussiert dabei in erster Linie auf Gewaltakte, die gegen eine Mitarbeiterin verübt wurden (persönliche Bedrohung, Verstümmelung seiner Katze, Sabotage der Bremsen ihres Autos), zu denen sich aber, unseres Wissens, niemand bekannt gegeben hat. Es ist ganz klar, dass solche Gewaltakte für uns inakzeptabel sind.
Für Solidarité sans frontières entspringt die Mitteilung des SEM politischem Kalkül. Die Organisationen, die für das Asylrecht kämpfen, greifen keine Menschen an, bringen nicht deren Leben in Gefahr und misshandeln keine Tiere. Sie prangern die von SEM orchestrierte systemische Gewalt an. Und diese endet weder mit der Verhaftung von (nicht identifizierten) Personen, die Bremsen sabotiert und eine Katze verstümmelt haben, noch mit der Eröffnung eines Lagers für «renitente Flüchtlinge» wie jenes von Les Verrières. Die systemische Gewalt in den Asylzentren endet erst, wenn die Asylsuchenden wie menschliche Wesen behandelt werden und alle in Bundeszentren Angestellten würdige Arbeitsbedingungen erhalten.
Wenn es das SEM nun so drängt, die Gewalt anzuprangern, warum hat es sich denn nicht schon früher zu den Zuständen in den Asylzentren geäussert und dafür die Verantwortung übernommen? Seit mehreren Monaten zeigen Berichte, Anzeigen und Zeugenaussagen*, dass diese Gewalt (physisch und verbal) alltäglich ist. Wenn es darum geht, konkrete und effiziente Massnahmen gegen diese Gewalt innerhalb des Systems zu ergreifen, schieben sich das SEM und die Sicherheitsfirmen den schwarzen Peter gegenseitig zu.
Solidarité sans frontières unterstützt jetzt und in Zukunft all jene, die diese Gewalt anprangern. Wir verwahren uns gegen Angriffe auf Personen, aber wir kämpfen aktiv gegen das System. Hier geht es um die Gewalt des SEM und von Protectas und Securitas. Um die körperliche und symbolische Gewalttätigkeit gegen die Bewohner*innen dieser Zentren, aber auch um die wirtschaftlich bedingte Gewalt gegenüber den Mitarbeitenden, die, vor allem jene zuunterst in der Hierarchie, ihre Arbeit unter so schwierigen Verhältnissen leisten müssen, dass Gewalt schnell mal ins Spiel kommt. Mangelhafte Ausbildung, keine Deeskalationsstrategie, strapaziöse Arbeitszeiten, Arbeit auf Abruf usw. Die Liste der Vorbedingungen, die aus der Gewalt in den Zentren ein systemisches Phänomen machen, ist lang.
Wir begrüssen die Reportagen von SRF, RTS und der WoZ, aber wir bedauern, dass es erst deren mediales Echo war, das das SEM bewogen hat, sich in dieser Angelegenheit zu hinterfragen und eine externe Untersuchung in die Wege zu leiten. Wir stellen fest, dass das SEM diese Gewalt erst interessiert, wenn es dadurch die politischen Gegner anklagen kann oder wenn es befürchtet, sein Image zu beschädigen. Wir erlauben uns auch, das glückliche Zusammenspiel dieser Anklagen und der politischen Agenda der Abstimmungen zu unterstreichen.
*Wir verweisen insbesondere auf die Arbeit von 3 Rosen gegen Grenzen, Solidarité Tattes und Droit de rester NE.
Stellungnahme zur Gewalt in den Bundeszentren und zum Pressecommuniqué des SEM
Die systemische Gewalt in den Asylzentren endet erst, wenn die Asylsuchenden wie menschliche Wesen behandelt werden und alle in Bundeszentren Angestellten würdige Arbeitsbedingungen erhalten.
Kommentare
2021-05-18 11:29:48
AutorIn: Maria A. Carbonell Solis
Je soutiens pleinement vos actions qui dénoncent les pratiques abusives du SEM envers les requérants d'asile, soit dans les centres fédéraux, soit ceux en quête de permis où qu'ils se trouvent
2021-05-17 15:27:48
AutorIn: Jacques Humbert
Je soutiens pleinement vos actions qui dénoncent les pratiques abusives du SEM envers les requérants d'asile, soit dans les centres fédéraux, soit ceux en quête de permis où qu'ils se trouvent.
2021-05-17 11:39:23
AutorIn: Padilla L.
Je soutiens pleinement vos actions qui dénoncent les pratiques abusives du SEM envers les requérants d'asile, soit dans les centres fédéraux, soit ceux en quête de permis où qu'ils se trouvent.