Jetzt ist es draussen. Schon wieder soll das Asylgesetz verschärft werden. Das verkündet der Bundesrat am 26.5.2010. Fast scheint es, dass nicht nur für Rechtsaussenpolitiker, sondern offenbar auch für Bundesrätin Widmer-Schlumpf die folgende krude Logik gilt:
- Jeder abgewiesene Asylsuchende ist ein Beweis für Asylmissbrauch: Also müssen die Gesetze verschärft werden.
- Jeder anerkannte Asylsuchend ist ein Beweis für zu lasche Gesetze: Also müssen die Gesetze verschärft werden.
Dass das Asylgesetz schon 2007 auf Betreiben von Bundesrat Blocher massiv verschärft wurde, wird dabei ausgeblendet. Und noch schlimmer: Ausgeblendet wird auch, dass immer mehr Menschen, die in der Schweiz Schutz und eine Lebenspersektive suchten, hier monate- oder gar jahrelang in menschenunwürdigen Bedingungen gehalten, von der Sozialhilfe ausgeschlossen, möglichst in die soziale Isolation gezwungen werden.
Die Vorgeschichte der aktuellen Revisionsvorschläge
Verschärfungsvorschläge vom Dezember 2008: Ausschluss von Deserteuren, Abschaffung Botschaftsasyl, politischer Maulkorb
Am 24. September 2006 wurde das Doppelreferendum gegen die Verschärfungen im Asyl- und Ausländerrecht leider abgelehnt. Das verschärfte Asylgesetz trat 2008 voll in Kraft. Doch bereits im Laufe desselben Jahres wurden Stück für Stück neue geplante Verschärfungen des Asylgesetzes bekannt. Konkret sollen Deserteure vom Asyl grundsätzlich ausgeschlossen werden, Asylsuchende dürften sich in der Schweiz nicht mehr politisch betätigen und die Möglichkeit, in Schweizer Botschaften im Ausland einen Asylantrag zu stellen, würde abgeschafft. Dagegen protestierte Solidarité sans frontières mit einer Medienmitteilung vom 6. Oktober 2008 und am 14. Januar 2009. Wir konnten unsere Kritik auch in der Arena vom 30.1.2009 anbringen. Erwartungsgemäss hat der Bundesrat die Haltung von Frau Widmer-Schlumpf unterstützt und das Gesetzespaket am 14.1.2009 in die Vernehmlassung geschickt, worauf wir eine von gegen 50 Organisationen breit abgestützte Vernehmlassungsantwort gegen die Verschärfungsvorschläge entworfen haben.
Verschärfungsvorschläge vom Dezember 2009: Abschaffung HWV, materielles Schnellverfahren für alle Asylgesuche statt Schnellstverfahren für NEE
Aufgrund verschiedener kritischer Rückmeldungen zu den Defiziten des Nichteintretens-(NEE-)Verfahrens - die wir bereits 2004 bei der Einführung des Sozialhilfeausschlusses für NEE und bei der Verschärfung der Nichteintretens-Bestimmungen bekämpft hatten - setzte BR Widmer-Schlumpf eine Expertenkommission ein und brachte Ende 2009 eine zweite Serie von Gesetzesänderungen im Asylbereich in die Vernehmlassung. Konkret schlug sie vor, das heutige Nichteintretensverfahren durch ein materielles Schnellverfahren mit einer Frist von max. 15 Tagen zu ersetzen und gleichzeitig die bewährte Hilfswerksvertretung im Asylverfahren abzuschaffen. Solidarité sans frontières kritisierte in einer gemeinsamen Vernehmlassungsantwort mit der DJS diese neuen Verschärfungs-Vorschläge. So sehr wir die Abschaffung der unhaltbaren NEE-Gründe begrüssen, ist die Vorlage in der heutigen Ausgestaltung abzulehnen, da die Fristen für das normale Verfahren unzulässig verkürzt und der Rechtsschutz der betroffenen Verschlechtert wird.
Was tun?
Mit einer Postkartenaktion wollen wir - sobald die Beratung der konkreten Gesetzesvorlage erfolgt - ein deutliches Signal an die ParlamentarierInnen aussenden. Um schnell handlungsfähig zu sein, sammeln wir schon heute möglichst viele Kontakte von Menschen, die bereit sind, den geplanten Protest zu unterstützen. Diese Kontakte würden auch angemailt, wenn - je nach Ausgang der Parlamentsberatung - allenfalls ein Referendum organisiert würde.
