Maja Beutler
- Beschäftigt es Sie, dass die Geschichte von gestern unsere Politik von heute beeinflusst? Fühlen Sie sich deswegen doppelt verantwortlich, wie heute in der Schweiz die aussenpolitischen Weichen für morgen gestellt werden? (Frage 1)
- Ist Ihnen bewusst, dass 1798 nicht inländische Vorstellungen von Freiheit zum Tragen gekommen sind, sondern die Ideale der französischen Revolution? Sind ‘liberté, égalité, fraternité’ deswegen weniger schweizerisch? (Frage 2)
- Empfinden Sie es als Makel, dass die alte Eidgenossenschaft nicht fähig war, sich im Alleingang zu erneuern? Oder kommen Sie zum Schluss, dass es auch heute Druck von aussen braucht für Fortschritte im Innern? (Frage 3)
- Sind Sie dankbar, dass der Eidgenossenschaft durch Napoleon eine neue Verfassung übergestülpt wurde? Oder haben Sie nicht realisiert, dass wir bis heute in einer Verfassung paradieren, der ein ausländisches Schnittmuster zu Grunde liegt? (Frage 4)
- Ist für Sie die Gründungs-Idee Schweiz verwässert worden durch fremde Gedankenströme und darf nicht ständig weiter verwässert werden? Heisst das in Klarschrift, dass nur die Schweiz von 1291 Ihre Schweiz ist? Gehören Sie überhaupt dazu, falls Ihr Heimatort 1291 ‘zum Ausland’ gehörte? (Frage 5)
- Hat nicht Friedrich Schiller das Rütli erst zum Rütli gemacht, das Sie so gerne beschwören? Stört es Sie nie, dass unser Nationaldrama ‘Wilhelm Tell’ von einem Deutschen geschrieben wurde? Sagen Sie sich zum Trost, auch die Bibel sei schliesslich kein Schweizerwerk, oder lassen Sie sich deswegen nie ins Handwerk pfuschen von der Bibel und Ihr Handlungsspielraum wird strikt vom Schweizerischen Strafrecht ausgesteckt? (Frage 6)
- Erfüllt es Sie mit Zuversicht, dass nationale Grenzen lange vor 1798 existierten, die revolutionäre Zeitströmung aber nicht davor Halt machte? Oder ist Ihre grösste Sorge, dass sich die Schweiz auch heute nur territorial abriegeln kann, das globale Denken sich aber weiter einbürgern wird? (Frage 7)
- Welchen Stellenwert weisen Sie in diesem Prozess unserer Armee zu? (Frage 8)
- Hatte in Ihrer Schule das Fach Schweizergeschichte nichts zu tun mit dem gesellschaftlichen Umsturz, den die französische Revolution für ganz Europa einläutete? Mit der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung? Mit dem Gedankengut der Aufklärung? Hat man Ihnen nicht beigebracht, die Schweiz als ein Musterbeispiel für Abhängigkeit vom Ausland zu verstehen? (Frage 9)
- Ist Abhängigkeit für Sie ein Schimpfwort? Dann ersetzen Sie es durch Austausch mit dem Ausland und fragen Sie sich, ob diese Formulierung Sie weniger aufregt, weil die Schweiz seit je auf Warenaustausch angewiesen war? Warum akzeptieren Sie nicht ebenso selbstverständlich, dass die Schweiz ohne fortwährenden Ideenaustausch mit dem Ausland keinen Bestand hätte? (Frage 10)
- Haben Sie vergessen, dass die Schweiz noch Anfang des 20. Jahrhunderts ein Auswanderungsland par excellence war und jede Wohngemeinde Kopfprämien zahlte für Bürger, die sich zur Emigration entschlossen? Verändert das Ihren Blick auf Menschen, die heute in der Schweiz Zuflucht suchen? Möchten Sie hinter geltendes Völkerrecht zurück? (Frage 11)
- Wie erklären Sie sich in diesem Zusammenhang, dass die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger es noch vor ein paar Jahren abgelehnt haben, den Kindern von Gastarbeitern die Einbürgerung zu erleichtern, obgleich sie in der Schweiz geboren, hier zur Schule gegangen und sich ohne Unterbrechung hier aufgehalten haben? Gehen Sie zurück zu Frage 5. (Frage 12)