Aktiv für ein Nein
"Seit sehr vielen Jahren ist jetzt der ‚Asylantismus' eine Dauerthema", sagte Nationalrat Mörgeli in einer Debatte vom 20. März 2002 zur Initiative "gegen Asylrechtsmissbrauch", es gehe bei diesem Geschäft lediglich "um ein Tun als ob". Regt er damit an, künftig auf den schäbigen Stimmenfang auf Kosten von asylsuchenden Flüchtlingen und von MigrantInnen zu verzichten, um stattdessen gesellschaftspolitisch relevante Themen anzupacken? Ein verheissungsvoller, aber kaum vorstellbarer Gedanke.
Geschürte Ängste fördern ein Ja
Die medial breit geschürte Angst vor der steigenden Zahl von Asylsuchenden aus westafrikanischen Bürgerkriegsländern ist nicht nur Wasser auf die Mühlen derjenigen Parteien, die mit fremdenfeindlichen Parolen in den Wahlkampf ziehen wollen. Sie könnte auch der neusten SVP-Initiative gegen Flüchtlinge zum Durchbruch verhelfen. Dann könnte die Schweiz keine weiteren Flüchtlinge mehr aufnehmen.
Die SVP-Initiative verlangt nicht nur die Einschränkung medizinischer und finanzieller Leistungen, sondern auch eine Zugangssperre zum Asylverfahren für alle, die über ein Drittland in die Schweiz flüchten. Damit würde das Asylrecht in der Schweiz ein für alle mal aufgegeben, und das Bundesamt für Flüchtlinge könnte endgültig in eine Wegweisungsvollzugsanstalt umgewandelt werden.
Wie schon bei der 18%-Initiative steht einer fremdenfeindlichen Initiative ein ebenfalls fremdenfeindlicher Gesetzesentwurf als indirekter Gegenvorschlag des Bundes gegenüber: Die im August veröffentlichte Botschaft des Bundesrats zum teilrevidierten Asylgesetz hat die Stossrichtung der SVP--Initiative aufgenommen. Die in der Botschaft vorgeschlagene Drittstaatenregelung unterscheidet sich nur dadurch von der Missbrauchs-Initiative, dass sie bei den neu einzuführenden Nichteintretensentscheiden für Asylsuchende, die über Drittländer in die Schweiz gelangen, eine Rückübernahmebereitschaft von Drittstaaten voraussetzen.
Die SVP-Ständeräte zeigten sich anlässlich der Ständerats-Debatte vom 6. Dezember 2001 sehr befriedigt darüber, dass im "aufgeschobenen indirekten Gegenvorschlag ein guter Teil der Initiativbegehren umgesetzt wird". SVP-Ständerat Reimann billigte den bevorstehenden Gesetzesrevisionen zu, "dass sie mit noch besseren Lösungen aufwarten werden", so die scharfen Sanktionen gegen Flug- und andere Transportunternehmen, die Asylsuchende in die Schweiz bringen. Dass die SVP dennoch an ihrer "von mehreren kantonalen Polizeidirektoren" unterstützten und mitausgearbeiteten Missbrauchs-Initiative festhält, hat wohl wahltaktische Gründe. Ähnliche taktische Überlegungen mögen auch viele bürgerliche und christliche PolitikerInnen leiten, die zwar inhaltlich der Missbrauchs-Initiative zustimmen, deren Forderungen sie aber mit dem geltenden und mit dem künftigen Asylgesetz als erfüllt sehen (Ständerats-Debatte vom 6.12.01). Sie werden alles daran setzen, dass die Vorschläge zum teilrevidierten Asylgesetz im Parlament zusätzlich verschärft werden.
Widerstand durch Aufklärung
SympathisantInnen und Mitglieder von Solidarité sans frontières werden im Herbst zusammen mit befreundeten NGOs die SVP-Initiative durch Informationsarbeit auf der Strasse bekämpfen. Solidarité sans frontières wird Informationsmaterial bereitstellen, Strassenaktionen organisieren, um mit viel Aufklärung die Initiative zum Scheitern zu bringen. Dazu ist Solidarité sans frontières auf die tatkräftige und finanzielle Unterstützung ihrer SympathisantInnen und Mitglieder angewiesen. Auf unserer Homepage (www.sosf.ch) und in Briefversänden werden wir über geplante und laufende Aktionen berichten sowie das bereitgestellte Kampagnenmaterial anbieten.
Anni Lanz, 1.8.2002