Die 18%-Initiative richtet sich vor allem gegen Frauen und Kinder aus Staaten ausserhalb der EU. Sie hat den Familiennachzug im Visier, der 1998 ungefähr 30% der Zuwanderung ausmachte. Sie richtet ihren Argwohn auf Ehen mit AusländerInnen. Jede vierte Eheschliessung war 1998 eine schweizerisch-ausländische Verbindung. Sie misstraut den Nachkommen. Nahezu ein Viertel aller "AusländerInnen" sind in der Schweiz geboren und sind hier mehrsprachig aufgewachsen. Die Initianten wollen das Recht auf Familie zu Fall bringen und taxieren Familien als Belastung für die Gesellschaft. Deshalb bevorzugen sie "Saisonniers" und "Kurzaufenthalter" ohne Familiennachzug, indem sie diese von der 18%-Quotierung ausnehmen. Familiäre Bindungen von MigrantInnen, die nicht zur "Elite" oder zu den gut Vedienenden gehören, erachten sie als nicht wirtschaftskompatibel. Diese Sicht liegt auch dem Entwurf des neuen Ausländergesetzes zugrunde, der sich zur Zeit in der Vernehmlassung befindet.
Zu lange haben bürgerliche PolitikerInnen das "Ausländerproblem" herbeigeredet. Und nun soll die Stimmbevölkerung innerhalb eines Monats dafür gewonnen werden, die Initiative "für eine Regelung der Zuwanderung"abzulehnen. Mit elitären Argumenten bekämpfen Bürgerliche eine elitäre Abstimmungsvorlage: Eine Migrations-"Elite" aus Nicht-EU-Ländern soll weiterhin den "Wirtschaftsstandort Schweiz" stärken können. Wer dazu zählen soll, scheint der Hauptstreitpunkt zwischen den bürgerlichen BefürworterInnen und GegnerInnen der Vorlage zu sein. Würden die gleichen neoliberalen Nützlichkeitskriterien explizit auf alle EinwohnerInnen angewendet, könnte ihnen die Bevölkerungsmehrheit nicht genügen, und der Begriff "Überalterung" würde in bedrohliche Nähe zu jenem der "Überfremdung" rücken.
Nur wenn die Friedens-, Menschenrechts-, Migrations- und Frauenbewegungen geschlossen an der Abstimmung vom 24. September 2000 teilnehmen und während der Abstimmungskampagne das "Spiel mit der Angst" durchbrechen können, haben wir Chancen, die 18%-Initiative zu Fall zu bringen. In allen Deutschschweizer Städten haben sich deshalb NGOs zusammengeschlossen, um die auf Fremdenangst aufbauende Initiative auf der Strasse zu bekämpfen. Rund 50 NGOs der verschiedenen Bewegungen unterstützen das Aktionskomitee "Appell für eine tolerante Schweiz", das von der SP Schweiz, von Comedia und von Solidarité sans frontières initiiert worden ist und das Kampagnenunterlagen (diverse Flugblätter, Kleinplakate) zur Verfügung stellt. Ein lancierter Appell soll mit möglichst vielen Unterschriften in den Medien veröffentlicht werden. Das Aktionskomitee will Gesicht zeigen: "Eine selbstbewusste Schweiz hat es nicht nötig, sich vor der Welt zu verschliessen."
Anni Lanz
Solidarité sans frontières
Tel. 031 311 07 70
E-mail: anni.lanz@sosf.ch