Heute hier handeln für eine bäuerliche Landwirtschaft weltweit
Die humanitären Katastrophen sind gemachte Katastrophen. Wir kennen die Ursachen der Fluchtbewegungen. Wir lassen die Waffenlieferungen unserer Rüstungskonzerne zu, wir wissen von den Kriegen im Nahen Osten und den Bürgerkriegszonen in der Westsahara. Wir lesen Berichte über den Klimawandel, von dem besonders die Länder des Südens betroffen sind, über die Dürren in Syrien und über Landgrabbing in vielen Regionen Afrikas. Fluchtbewegungen haben etwas mit unserer Politik, mit der neoliberalen Wirtschaftsstrategie, mit unserem Verschleiss an Ressourcen und nicht zuletzt mit den Folgen der industriellen Landwirtschaft zu tun. Und bei letzterem geht es in erster Linie um die Macht einiger weniger Konzerne: um Bodenschätze, um Land, um Wasser und Saatgut und um den strategischen Zugang zu all dem.
Deshalb fordern wir Ernährungssouveränität
Die industrielle Landwirtschaft, die Agroindustrie, frisst Boden, Wasser, Biodiversität und damit den Lebensraum vieler Menschen. Sie ist ein Moloch, der rücksichtslos der Gewinnmaximierung weniger Konzerne dient. Menschen wird die Existenz genommen. Sie wandern «freiwillig» in Grossstädte ab oder werden vertrieben. Mit der Initiative für Ernährungssouveränität fordern wir auch ein Menschenrecht ein, wir fordern den Respekt gegenüber allen Menschen und der Natur – hier und überall auf der Welt.
Das Konzept der Ernährungssouveränität ist nicht auf unserem Mist gewachsen. Es ist ein internationales Konzept und stammt von La Via Campesina (www.viacampesina.org) und wird weltweit eingefordert, im Norden und im Süden. Unsere Initiative will einen Verfassungszusatz verankern, der uns einen Rahmen für eine andere Landwirtschafts- und Ernährungspolitik in der Schweiz gibt. Eine Politik, die Lösungen vorschlägt, um die Überproduktion in der Schweiz in den Griff zu bekommen und um das Angebot mit den Bedürfnissen nach gesunden Nahrungsmitteln in Einklang zu bringen.
Alle werden profitieren – hier und überall auf der Welt
Wir wollen wissen, woher unser Essen kommt – das Gemüse, die Früchte, das Fleisch. Wir wollen die Arbeitsbedingungen kennen. Wir wollen nicht die Augen verschliessen vor dem Elend in den industriellen Plantagen, auf denen Menschen wie Sklaven gehalten werden und immer wieder schutzlose ArbeiterInnen ermordet werden. Wir erwarten von unserer Regierung, dass sie sich für die Menschenrechte einsetzt – hier und überall auf der Welt. Deshalb verlangen wir im Initiativtext ökologische und soziale Standards, die nicht nur in der Schweiz gelten sollen, sondern auch bei Nahrungsmittelimporten eingehalten werden müssen.
Denn wir wollen nicht, dass unser Konsum zu ökologischen und sozialen Katastrophen führt. Indem wir unsere eigene Landwirtschaftspolitik in Ordnung bringen, verhindern wir, dass mit unseren Überschüssen – wie Milchpulver, Butter oder Teilen aus der Fleischproduktion etc. – andere Landwirtschaften zerstört werden. Wir verhindern damit auch, dass unsere Produkte auf dem Weltmarkt zu Schleuderpreisen abgesetzt werden, wir können den Verbrauch von importierten Futtermitteln senken und auf ökologischere Anbaumethoden setzen. Und wenn Nahrung und die Arbeit für die Herstellung von Lebensmitteln wieder ihren Wert bekommen, dann profitieren alle: die LandarbeiterInnen, die BäuerInnen, die MigrantInnen, die Natur und die Tiere – wir alle – hier und überall auf der Welt.
Die Schweiz kann in Sachen Ernährungspolitik eine Vorreiterrolle einnehmen. Um diesem Anliegen Schub zu verleihen, haben wir die Möglichkeit, am 23.September an der Urne ein klares Zeichen für Ernährungssouveränität zu setzen. Wir zeigen damit, dass wir eine Kehrtwende einfordern. Helft mit und gebt der Kampagne für Ernährungssouveränität eine gute Sichtbarkeit.
Ulrike Minkner, Biobäuerin Uniterre
- Erschienen in: Bulletin 03/18 von Sosf
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