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Kein Schweizer Geld für die Kriege dieser Welt! Das Kriegsgeschäft vermasseln
Über 63 Million Menschen sind heute auf der Flucht. Viele flüchteten vor aktuellen Kriegen oder den Folgen vergangener Konflikte. Die Rüstungsindustrie profitiert von diesen Konflikten und heizt sie mit ihren Waffenlieferungen zusätzlich an. Die Kriegsgeschäfte-Initiative will nun Investitionen in die Kriegsmaterialproduktion verbieten und so effektiv Fluchtursachen bekämpfen, indem sie für weniger Waffen in Kriegsgebieten sorgt.
Im Jahr 2015 gab es laut dem Peace Research Institute in Oslo fünfzig bewaffnete Konflikte, in denen über 97 000 Menschen starben. Die dabei eingesetzten Waffen werden von internationalen Rüstungskonzernen hergestellt und an die Kriegsparteien verkauft oder gelangen auf Umwegen in die Konfliktgebiete. Weltweit wird jährlich für mindestens 400 Milliarden Dollar Kriegsmaterial verkauft. Für die Rüstungsindustrie zahlt sich das doppelt aus: Sie erzielt zum einen Gewinn damit, dass sich Menschen gegenseitig töten, und zum anderen profitiert sie davon, dass Millionen von Menschen zur Flucht gezwungen werden. Zur Abwehr der grossen Migrationsbewegung werden die Grenzen mit Waffen und Technologie von ebendiesen Konzernen immer stärker militarisiert.
Die Rolle der Schweiz
Die Schweiz ist zwar nicht direkt in die Konflikte involviert, leistet aber als einer der wichtigsten Finanzplätze weltweit einen grossen Beitrag zur Finanzierung der Kriegsmaterialproduktion. Das Geld fliesst nicht nur in Konzerne, die Panzer, Artillerie, Kriegsschiffe, Gewehre, Munition und Handgranaten produzieren. Es werden auch Konzerne finanziert, die international geächtete Waffen wie atomare, biologische oder chemische Waffen sowie Streumunition und Anti-Personenminen herstellen. Pro EinwohnerIn investierten die Schweizer Banken im Jahre 2014 laut dem Bericht «Don’t Bank On The Bomb» 798 US-Dollar in Unternehmen, die Atomwaffen herstellen. In Deutschland lag dieser Wert bei 122 Dollar und in Österreich bei neun Dollar pro Kopf. Auch in Grossbritannien, eine der fünf offiziellen Atommächte, liegen die Investitionen mit 589 Dollar pro Kopf unter dem schweizerischen Investitionsvolumen.
Um dieses Treiben zu verbieten, beschloss die Vollversammlung der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) am 2. April 2017 einstimmig die Lancierung der Kriegsgeschäfte-Initiative. Am selben Tag veröffentlichte die NZZ am Sonntag, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) im letzten Jahr 800 Millionen Franken in US-Atomwaffenhersteller investierte. Neben der SNB investieren auch die beiden Grossbanken Credit Suisse und UBS in die Produktion von nuklearen Rüstungsgütern: 2015 waren sie mit einer bzw. 5,6 Milliarden beteiligt. Bei den Pensionskassen muss von einem Investitionsvolumen in Kriegsmaterialproduzenten von vier bis zwölf Milliarden Franken pro Jahr ausgegangen werden.
Bisheriges Finanzierungsverbot greift nicht
Diese Investitionen sind möglich, obwohl seit 2013 die Finanzierung der Produktion international geächteter Waffen per Gesetz verboten ist. Der Gesetzestext ist aber so konzipiert, dass er nur als unnützer Papiertiger bezeichnet werden kann. Denn: die indirekte Finanzierung ist nur dann strafbar, wenn damit das Verbot der direkten Finanzierung vorsätzlich umgangen werden soll. In der Praxis ist dies beinahe unmöglich nachzuweisen und die Rechtsprechung zeigt deutlich, dass dieses Finanzierungsverbot nicht greift: Seit der Einführung des Artikels konnte kein einziger Fall von verbotener Kriegsmaterialfinanzierung vor Gericht gebracht werden, obwohl die Geldflüsse unbestritten stattfinden. Dazu kommt, dass es für konventionelles Kriegsmaterial bis heute kein Finanzierungsverbot gibt.
Mit der Kriegsgeschäfte-Initiative sollen nun Investitionen in Firmen, die Kriegsmaterial herstellen – egal ob geächtet oder konventionell – effektiv verhindert werden. Die Initiative wird von der GSoA, den jungen Grünen und dem Bündnis für ein Verbot von Kriegsgeschäften, dem auch Solidarité sans frontières angehört, getragen. Die Forderung ist klar: Die Schweiz soll ihren Beitrag zu einer friedlicheren Welt leisten und sicherheits- und aussenpolitisch mehr Verantwortung übernehmen. Auch zu einer Entschärfung der Situationen, die Menschen zur Flucht zwingen, kann die Initiative viel beisteuern, denn obschon das Thema Asyl ständig in den politischen und medialen Debatten ist, will offensichtlich kaum jemand die Fluchtursachen wirklich bekämpfen. Wenn den Rüstungskonzernen, die mit ihren Produkten die Konflikte auf der ganzen Welt anheizen und grosse Teile der Zivilbevölkerung zur Flucht zwingen, der Geldhahn zugedreht wird, ist dies ein wichtiger Schritt zur Milderung dieser untragbaren Zustände.
Lanciert wurde die Kriegsgeschäfte-Initiative am 11. April. Mit einer mutigen Aktion sorgte die Friedensaktivistin Louise Schneider an diesem Tag für weltweites Aufsehen. Sie sprayte mit grossen roten Lettern den Satz «Geld für Waffen tötet» an die Bauwand vor der Schweizerischen Nationalbank. In Interviews machte die 86-jährige Aktivistin immer wieder auf die Verbindung zwischen der Finanzierung der Rüstungsindustrie und der globalen Fluchtbewegung aufmerksam.
Autorin: Judith Schmid
- Bulletin 02/2017 von Solidarité sans frontières.