11. November 2016
30-jähriges Jubiläum von Solidarité sans frontières
Personen aus der ganzen Schweiz haben sich am 11. November 2016 in Bern versammelt, um das 30-jährige Jubiläum von Solidarité sans frontières zu begehen. An einem Banquet Républicain diskutierten sie zum Thema «Das europäische Migrationsmanagement in der Krise - und die Schweiz mittendrin». Solidarité sans frontières wird sich auch weiterhin für die politischen und sozialen Rechte der MigrantInnen und Asylsuchenden, für eine offene und solidarische Schweiz und gegen alle Formen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit einsetzen.
Die TeilnehmerInnen des Banquet Républicain haben die folgende Resolution angenommen:
Während die Zahl der Menschen auf der Flucht derzeit den höchsten Stand seit Ende des 2. Weltkriegs erreicht, setzen die Staaten des Westens, allen voran die EU und die europäischen Staaten, alles daran, ihre Asylpolitik und ihr Grenzregime zu verschärfen. Hauptsache, die Zahl der Ankommenden sinkt, die Folgen interessieren nicht. Europa – und die Schweiz mittendrin – kapseln sich ab. Die Schliessung der Balkanroute, der schändliche Deal mit der Türkei, ein regelrechter Krieg gegen die MigrantInnen im Mittelmeer – während die Aussengrenzen immer undurchlässiger werden, liefern sich die Staaten im Innern Europas ein unwürdiges Geschachere über Umsiedlungsquoten für Flüchtlinge und versuchen mithilfe des Dublin-Systems Asylsuchende an ihre europäischen «Partner» loszuwerden.
Eine grundsätzliche Wende ist dringend erforderlich. Es reicht nicht aus, die mangelnde Koordination oder den fehlenden politischen Willen auf europäischer Ebene zu beklagen. Die Schweiz muss ihren eigenen Teil leisten und darf nicht darauf warten, dass die Impulse von aussen kommen. Wir fordern deshalb von den schweizerischen Behörden:
- die Anwendung der Dublin-Verordnung auszusetzen und die Rückschaffungen in andere europäische Staaten zu stoppen: Es ist heute deutlicher denn je, dass das Dublin-System versagt hat. Der im Entwurf der Dublin IV-Verordnung vorgesehene Korrektur-Mechanismus ist ein bürokratisches Monster, bei dem die Betroffenen weiterhin nicht mitreden können. Wir wollen, dass die Flüchtlinge selbst wählen können, in welchem Land sie ihr Asylgesuch stellen.
- jegliche schweizerische Teilnahme an Frontex-Missionen zu stoppen. Derzeit ist eine Vernehmlassung in Gange, mit der die neuste Version der Verordnung über die Agentur in schweizerisches Recht umgesetzt werden soll. Sie zielt darauf ab, die Unterstützung der Schengen-Staaten bei der Kontrolle der Aussengrenzen noch einmal zu verstärken. Das schweizerische Parlament sollte die Gelegenheit nutzen, um sich aus der Agentur zu verabschieden, die unter anderem mit ihrer Mission Poseidon Treibjagden auf Flüchtlinge in der Ägäis veranstaltet.
- die derzeit in Como blockierten Personen einreisen zu lassen. Diejenigen, die in der Schweiz ein Asylgesuch stellen wollen, müssen die Möglichkeit haben, das zu tun. Wer anderswo in Europa sein Asylgesuch stellen will, soll durch unser Land durchreisen können.
Wir bekräftigen unsere Unterstützung für alle Personen und Organisationen, die Widerstand gegen diskriminierende Gesetze leisten und sich für eine solidarische Asylpolitik einsetzen. Und wir begrüssen insbesondere den Mut jener, die ihre Komfortzone verlassen und sich mit zivilem Ungehorsam der Ungerechtigkeit entgegenstellen.