„Ein Nein zum Referendum würde einen fast unausweichlichen Austritt der Schweiz aus Schengen-Dublin bedeuten", heisst es in einem Artikel auf der Website von RTS. Weiter unten kann man lesen, dass der Austritt nur noch "quasi" unausweichlich ist. Was also stimmt und was bedeutet das schwammige „quasi“?
Die Bundesrätin spielt mit den Worten und lenkt dabei vom eigentlichen Thema ab. Bei diesem Referendum geht es um die Ablehnung der Entscheidung des Parlaments, die finanzielle und personelle Unterstützung für Frontex zu erhöhen – und das mit Verweis auf die systematische Verletzung der Grundrechte von Migrant:innen und einem regelrechten Krieg gegen Migration zu dem Frontex mit Geld, Personal und Kriegsmaterial relevant beisteuert. Doch davon lenkt Keller-Sutter ab und spielt gleich die Schengen-Karte. Doch sie bewegt sich auf wackeligem Terrain, denn eines scheint klar: Selbst sollte die Abstimmung die Ablehnung des Frontex-Kredits stützen, heisst das nicht automatisch das Ende der Zusammenarbeit der Schweiz mit Schengen. Keine:r der von uns befragten Expert:innen zeichneten das Szenario eines unausweichlichen Austritts aus Schengen-Dublin, sollte das Referendum zustande kommen.
Die Mehrheit der Abstimmenden hat sich immer wieder für die Personenfreizügigkeit ausgesprochen. Zu Recht: die Personenfreizügigkeit ist eine Errungenschaft. Höchste Zeit, dass sie nicht nur für Menschen im Schengenraum sondern für alle gilt. Das nein zu dieser Vorlage stellt die Personenfreizügigkeit in keinem Fall in Frage.
Auch wenn der Schengen-Austritt nicht unausweichlich ist, hat es gute Gründe warum Karin Keller-Suter das Szenario als zentrale Drohung ins Feld führt. Es ermöglicht ihr vom eigentlichen Thema abzulenken, das die Gemüter erhitzt: die zahlreichen und häufigen Menschenrechtsverletzungen durch direkte oder indirekte Beteiligung von Frontex, die seit Jahren unter den Augen und mit dem Wissen ihrer Verwaltung stattfinden. Keller-Suter torpediert damit ein Referendum, das den enormen Verdienst hat, endlich die dunklen Machenschaften der europäischen Grenzschutzagentur ans Licht zu bringen und durch Definanzierung direkt und effektiv gegen das explosive Wachstum von Frontex und damit die Aufrüstung an den Schengen-Aussengrenzen vorzugehen.