Medienmitteilung von Bleiberecht Bern
Mohammad K. ist heute um 06:00 Uhr morgens von 8 Polizisten aus einem Berner Asyllager ins Regionalgefängnis überführt worden. Er soll nach Ungarn ausgeschafft werden, da er dort bei seiner Flucht aus Afghanistan von den ungarischen Behörden registriert wurde. Laut Dublinverordnung ist deshalb Ungarn für sein Asyl zuständig. In Ungarn sind jedoch weder faire Asylverfahren noch eine menschenwürdige Unterbringung gewährleistet.
Dass die Schweiz Geflüchtete nach Ungarn zurückschafft ist aufgrund der Qualität der ungarischen Asylverfahren und der menschenunwürdigen Unterbringung in ungarischen Asyllagern menschenverachtend und verletzt jegliche rechtsstaatliche Verantwortlichkeit. Laut dem European Council on Refugees and Exiles (ecre) hat es gravierende Mängel sowohl bei der Unterbringung wie auch bei der Gewährleistung des Verfahrens. Die ecre fordert deshalb in ihrem Bericht die europäischen Staaten auf, Geflüchtete nicht nach Ungarn zurückzuschicken.
Mohammad K. flüchtete mit seinem Onkel Ali K., dessen Frau Roqia K. und deren drei Kindern aus Afghanistan nach Europa. Diese haben ihn von klein auf gross gezogen und für ihn gesorgt, denn sein Vater ist verstorben und seine Mutter in den Wirren des Bürgerkriegs verschollen. Die soziale Elternschaft ist in Afghanistan rechtlich nicht geregelt und es bestehen keine Grundlagen für eine Adoption. Jedoch ist für Mohammad wie auch für seinen Onkel und dessen Frau und Kinder klar, dass er zur Familie gehört.
Am 7. Juli 2015 stellten sie alle einen Asylantrag in der Schweiz. Da Mohammad in aller Ehrlichkeit erklärte, dass er nicht der leibliche Sohn sei, eröffnete das Staatssekretariat für Migration ein unabhängiges Asylverfahren für ihn. Das SEM trat auf beide Asylanträge nicht ein: Ungarn sei dafür zuständig. Erst nachdem das Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerde der Familie von Ali K. gut geheissen hat, wurde vom SEM ein Vollzugsstopp erlassen. Jedoch nur für die Familie von Ali K., da es sich bei seinen Kindern um besonders verletzlich Personen handle. Mohammad K. jedoch muss nach Ungarn zurück, da er „alleinstehend und ein physisch gesunder junger Mann sei“.
Der Entscheid ist unverständlich, denn menschenunwürdige Verhältnisse in Asyllagern sind unabhängig von Geschlecht und gesundheitlichem Zustand niemandem zumutbar. Und da keine Garantie für ein faires Asylverfahren besteht, ist die Ausschaffung von Mohammad K. und damit auch die Nichtanerkennung der sozialen Elternschaft und die Trennung von seiner Familie unverständlich.
Die Schweizer Behörden schieben unter dem Decknamen „Dublin“ Verantwortlichkeiten für Menschenleben ab.
Weitere Informationen:
Bleiberecht Kollektiv Bern: 076 5762106