Für den 27. Januar ist ein von Frontex organisierter Sonderflug nach Addis-Abeba geplant. Die Ausschaffungen nach Äthiopien stützen sich auf ein Abkommen, das die EU-Kommission 2018 mit mehreren afrikanischen Staaten geschlossen hat und dem auch die Schweiz beigetreten ist. Danach sind die äthiopischen Botschaften verpflichtet, Ausschaffungspapiere auszustellen. Gegebenenfalls sollen eigens eingeflogene Geheimdienstmitarbeiter*innen die Ausschaffungskandidat*innen identifizieren. Von der zwangsweisen Ausschaffung bedroht sind abgewiesene Asylsuchende, die zum Teil seit über einem Jahrzehnt hier leben. Sie sind aus einem Land geflohen, in dem ihr Leben bedroht war.
Die politische Situation in Äthiopien ist auch heute katastrophal. Der seit Monaten andauernde Bürgerkrieg in der Region Tigray beunruhigt viele internationale Beobachter. Die gesundheitlichen Bedingungen in dem Land sind ebenfalls alarmierend. Das Gesundheitssystem Äthiopiens kann der Covid 19-Pandemie kaum statthalten. Mit den Ausschaffungen setzt die Schweiz die Betroffenen einer grossen Gefahr aus.
Mehrere Organisationen, darunter die Schweizerische Flüchtlingshilfe und Amnesty International, haben dem sofortigen Stopp der Ausschaffungen nach Äthiopien gefordert. Auch lokale Basisgruppen wehren sich gegen die Ausschaffungen. In Genf wollen die «Freund*innen von Tahir» vor dem Ausschaffungsgefängnis Frambois präsent sein, wo Tahir inhaftiert ist. Wie andere vom Ausschaffungsflug am Mittwoch bedrohte Personen hat auch dieser junge Mann hat vor zwei Tagen einen Hungerstreik begonnen. Das Kollektiv «Migrant solidarity network» hat ebenfalls einen von mehr als zwanzig Organisationen unterstützten Aufruf lanciert: «Der Sonderfug darf nicht abheben.»
Zusammengfasst: ein Bürgerkrieg, eine weltweite Pandemie, Menschenrechts- und Basisorganisationen, die zutiefst alarmiert sind, mehrere Personen in Hungerstreik. Die Behörden jedoch sehen ihre Priorität weiter darin, den Sonderflug durchzuführen. Wir leben in einer sehr absurden Welt.