Zeig mir, wen du kontaktierst, und ich sage dir, wer du bist...! Das ist der Gedanke hinter dem Gesetzesentwurf, mit dem die Behörden die Erlaubnis erhalten sollen, die Handydaten der AsylbewerberInnen systematisch zu durchforsten. Die zuständigen parlamentarischen Kommissionen haben bereits grünes Licht für diesen neuen Vorschlag zur Feststellung der Identität der Flüchtlinge gegeben. Eine Massnahme, die, wen wundert’s, von einem Nationalrat der SVP gefordert wird. Seine Partei wird nicht müde, immer die gleichen Bedrohungskulissen aufzubauen, auch wenn die Zahl der Asylgesuche deutlich rückläufig ist. 2017 waren es nur noch 18 088 gegenüber 27 207 2016. Heuer wurden in den ersten sechs Monaten 14,3% weniger Gesuche gestellt als in der gleichen Periode im Vorjahr. Weniger Wasser auf die Mühlen der SVP, die aus der Immigration ihr Lieblingsthema gemacht hat und hofft, mit diesem neuen Vorschlag die politische Agenda 2019, dem Jahr der eidgenössischen Wahlen, zu besetzen.
Was soll dieser Vorschlag eigentlich, der uns suggerieren will, dass die Asylbewerber Lügner sind? Der die Menschen, die bei uns Schutz suchen, einem Generalverdacht unterstellen und Vorurteile auf staatlicher Ebene bekräftigen will? Das neue «Instrument» ist völlig unverhältnismässig. Es diskreditiert Personen ohne Pass, die pauschal verdächtigt werden, willentlich ihre wahre Identität zu verschleiern. Die beim Verfahren nicht mitmachen wollen. Vermutlich schuldig und vorschnell verurteilt. Dabei kann das Fehlen von Ausweisen verschiedene Gründe haben und braucht nicht weiter zu verwundern. Viele Flüchtlinge hatten schon in ihrem Herkunftsland keine Papiere.
Wie auch immer, dieses Eindringen in die Privatsphäre und - ohne Einwilligung - auch in jene von Drittpersonen ist mehr als bedenklich für einen Rechtsstaat. Man weiss auch nicht, ob die so gesammelten Daten, von denen einige sensibel sein könnten, tatsächlich nur zum Feststellen der Identität verwendet werden. Dieser Eingriff ist heute nur gegenüber gefährlichen Straftätern und bei begründetem Verdacht erlaubt. Schöne Parallelen! Der Zugang zu den persönlichen Daten der Flüchtlinge wäre umso inakzeptabler als die Behörden, die die Befragungen durchführen, bereits über gezielte Instrumente verfügen, um eine Nationalität nachzuweisen, wenn es denn sein muss. Spezialisten können aufgrund der Sprache oder des Dialekts sowie von geographischen Hinweisen sehr wohl die genaue Herkunft der AsylbewerberInnen feststellen, was praktisch jeden Betrugsversuch ausschliesst.
Sollte die neue Regelung angenommen werden, würde eine neue Ungleichbehandlung besiegelt. Den Menschen, die oft schon alles verloren haben, würde man nicht einmal mehr so etwas wie ein Privatleben lassen: Selbst ihre Erinnerungen und Bindungen, die Bruchstücke ihrer digitalisierten Geschichte würden ihnen nicht mehr wirklich gehören.
Sonya Mermoud
Erschienen in L’Évènement syndical n° 31/32 vom 2. August 2018