Zürich: Petition für eine menschenwürdige Unterbringung
Notunterkünfte? Unterkünfte ohne Not!
Der Kanton Zürich versucht seit zwei Jahren verstärkt, die Zahl der abgewiesenen Asylsuchenden zu reduzieren – auf Kosten der Grundrechte der Betroffenen. Die Kampagne «Unterkünfte ohne Not» hat dagegen eine Petition lanciert.
«Notunterkünfte schliessen!» lautet ihre Forderung. Er wisse nicht, wohin die Leute denn sonst sollten, entgegnet der zuständige Regierungsrat Mario Fehr. Dabei ist die Antwort naheliegend: Es braucht eine menschenwürdige Unterbringung in den Gemeinden. Bei den fünf Notunterkünften im Kanton Zürich handelt es sich um abgelegene Container sowie einen unterirdischen Bunker, in denen die abgewiesenen Asylsuchenden teils jahrelang leben müssen. Hier werden die Grundrechte auf Bewegungsfreiheit und Privatsphäre und besonders die Rechte von Kindern systematisch verletzt.
Zwangsmassnahmen und absurde Strafen
2016 wurde ein Grossteil der Geflüchteten zusätzlich durch Eingrenzungen in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt: Sie dürfen die zugeteilte Gemeinde oder den Bezirk nicht mehr verlassen und sind damit noch mehr an die Unterkunft gebunden. Privatsphäre ist dort jedoch aufgrund regelmässiger Meldepflichten und Zimmerkontrollen nicht möglich. Wer sich trotz Eingrenzungsverfügung ausserhalb seines Rayons aufhält, riskiert eine Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.
Doch auch ohne Eingrenzung droht den abgewiesenen Asylsuchenden jederzeit eine Festnahme wegen rechtswidrigen Aufenthalts und eine Verurteilung bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe. Einsprachen dagegen sind zwar oftmals erfolgreich. Für die Betroffenen ist es jedoch schwer innert Frist Einsprache zu erheben und bestenfalls eine anwaltliche Vertretung zu finden. So stapeln sich bei den Geflüchteten Geldstrafen wegen rechtswidrigem Aufenthalt in Höhen von Tausenden von Franken. Mit dem Nothilfegeld von 8.50 Franken pro Tag können sie unmöglich abbezahlt werden. Kann eine Geldstrafe nicht abbezahlt werden, folgt jedoch eine Umwandlung in Haft. Verletzliche Personen – psychisch oder physisch Kranke, Schwangere oder Alleinerziehende – werden von solchen Eingriffen in ihre Grundrechte nicht verschont.
Wachsende Kritik
Mit ihrer Petition hat die Kampagne in weniger als drei Monaten über 3450 Unterschriften gesammelt. Der Versuch abgewiesene Asylsuchende immer mehr zu isolieren, zu kriminalisieren und letztlich innerlich zu zermürben, stösst sichtlich auf wachsende Kritik aus der Bevölkerung.
Die Kampagne «Unterkünfte ohne Not» macht mit drei Videos auf die ungerechtfertigten und unverhältnismässigen Eingriffe in die Grundrechte aufmerksam. Schauspieler*innen wie «Tatort»-Kommissarin Delia Mayer, Michael Neuenschwander und Mona Petri oder Musiker Skor setzen sich in den Kurzfilmen für das Recht auf Freiheit und Privatsphäre sowie einen griffigen Schutz der Kinderrechte in Szene.
Kantonsrätin Laura Huonker und Kantonsrat Manuel Sahli (Alternative Liste) richteten im Dezember eine Anfrage an den Regierungsrat, der jedoch wenig Einsicht zeigt. In seiner Antwort von Mitte Januar schiebt er die Verantwortung auf die Gerichte und Bundesbehörden. Die Betroffenen seien zum Verlassen der Schweiz verpflichtet. Dass aber Grundrechte für alle gelten und somit auch für Personen mit einem abgewiesenem Asylentscheid und dass in den Unterkünften auch Personen leben, die sich in Beschwerde- oder neuen Asylverfahren befinden, darauf geht der Regierungsrat mit keinem Wort ein. Lapidar behauptet er, auf besonders verletzliche Personen würde Rücksicht genommen; wie, führt er nicht aus.
Die Kampagnenmacher*innen werden ihre Petition am 20. März einreichen und hoffen nun auf eine differenziertere und ehrlichere Antwort von Seiten der Regierung und letztendlich auf eine humanere Unterbringung der Geflüchteten.
Hanna Gerig, Cordelia Forde
Bulletin 01/19 von Sosf
> Die Petition kann hier unterschrieben werden