Die Auseinandersetzung um die Eingliederung der schweizerischen Migrationspolitik in jene der EU verläuft nicht entlang einer Diskussion mit den Eckpunkten «Öffnung» oder «höhere Mauern»; sie ist vielschichtiger und stark geprägt vom Themenkreis «Sicherheit» und «Migration». Eine erste Umfrage von Isopublic im Auftrag des «SonntagsBlick» zeigt deutlich: Schengen/Dublin, das offensiv als Projekt der inneren Sicherheit verkauft wird, würde bei den StimmbürgerInnen durchkommen (65 Prozent Ja). Damit geht die Strategie auf, die Schengen/Dublin-Assoziation nicht als Öffnungsprojekt anzupreisen, sondern mit Handschellenplakaten zu einer Jagd auf Verbrecher im Allgemeinen und die sogenannte organisierte Kriminalität im Speziellen zu blasen.
Diffuse Ängste vor AusländerInnen spielen hier den Wünschen der Polizei nach Zugriff auf internationale Datenbanken und neuen Fahndungsmöglichkeiten in die Hände – genauso wie der auch unter Linken verbreitete Irrglaube, man könne eine verfehlte Asyl- und Migrationspolitik mit der Bekämpfung des Schlepperwesens zumindest humaner gestalten.
Angst vor MigrantInnen – Angst vor Lohndumping
So sind die Bilateralen II trotz des Widerstands von Seiten der SVP gut auf Kurs. Umgekehrt könnten Minderheiten in den Gewerkschaften den Ausschlag geben, die heute knappe Ausdehnung der Personenfreizügigkeit (knappe 52% Zustimmung) zum Kippen zu bringen. Entscheidend ist hier das Thema «Soziale Sicherheit» und die Befürchtung, dass Schweizer Arbeitnehmende Opfer von Lohndumping durch Billigarbeitskräfte aus den zehn neuen EU-Beitrittländern würden. Gefordert werden von rechts weniger AusländerInnen, von links mehr Kontrollen.
Die Position von Sosf zum Kampf gegen Lohndumping ist klar: Aktionen gegen Lohndumping müssen zusammen mit den ausländischen Arbeitnehmenden und nicht gegen sie geführt werden. Das bedingt, dass Opfer von Lohndumping unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus Lohn und faire Arbeitsbedingungen einklagen können. Wir haben dies in einem Communiqué klar formuliert: «Ein Referendum gegen die Personenfreizügigkeit mobilisiert notwendigerweise eine fremdenfeindliche Strömung, auch wenn es von Teilen der Linken ausgeht. Es kann nicht Aufgabe der Linken sein, den nationalen Arbeitsmarkt gegen angebliche Eindringlinge aus dem Ausland zu verteidigen. Wir sind keine ‚Schweizerische Arbeitsfront’, sondern haben uns im Gegenteil immer für eine umfassende Freizügigkeit eingesetzt.» Die von verschiedenen Sans-Papiers Kollektiven vorangetriebene Kampagne «Eine Arbeit – eine Bewilligung» versucht Druck in Richtung dieser umfassenden Freizügigkeit aufzubauen.
Balthasar Glättli
Appell für ein solidarisches Europa in einer solidarischen Welt
Mit einem Appell rufen AktivistInnen aus Gewerkschaften, antirassistischen Gruppen, feministischen und ökologischen Bewegungen und linken und grünen Parteien auf zu einem Nein zum Schengen/Dublin Beitritt und gleichzeitig zu einem aktiven Nein zum R eferendum gegen die Erweiterung der Personenfreizügigkeit. Der Appell wird auch von Sosf unterstützt.