Rund 450 DemonstrantInnen hatten sich am 24. September 2005 im deutschen Hesepe im Osnabrücker Land eingefunden. Darunter über hundert MigrantInnen, die – selbst in Lager verbracht – sich im No-Lager-Netz organisiert haben. Aus dem Lager in Hesepe nutzten zahlreiche Flüchtlinge mit ihren Kindern die Gelegenheit, um sich der Demonstration anzuschliessen und sich für die Schliessung des Lagers einzusetzen. Auf einfachen, eiligst aus Pappkarton gefertigten Plakaten forderten sie: «Das Lager muss weg! Wir bleiben hier.»
Modell für Auswegslosigkeit
Mehr als 500 Menschen leben derzeit im Rückführungs- und Abschiebelager Bramsche-Hesepe. Dieses Lager ist ein deutsches Modellprojekt, in dem schutzsuchende Menschen eingeliefert werden, die nach Einschätzung der Asylbehörden keine Aussicht auf ein Bleiberecht in Deutschland haben. Deshalb sollen sie lagerverbracht zur «freiwilligen Ausreise» repressiv überzeugt werden.
Dazu wird vorsätzlich ein Klima existenzieller Ausweglosigkeit geschaffen. Die Möglichkeiten der Flüchtlinge, das eigene Leben aktiv zu gestalten, sind stark eingeschränkt. Im Lager sind sie über Monate in Ungewissheit, wie über ihr Fluchtschicksal entschieden wird. Sie leben in permanenter Angst, zwangsweise abgeschoben zu werden. Das Lagerleben macht die Menschen nachweislich krank.
Vor dem Lager, das mit gewalttrainierten Bereitschaftspolizisten abgeriegelt war, verlief die Abschlusskundgebung weitgehend friedlich – trotz der Enttäuschung vieler Demonstrationsteilnehmer, dass die Lagerleitung eine öffentliche Inspektion des Lagers durch eine Delegation von Bürgerrechtlern, Journalistinnen und Migranten verweigert hatte. Die Verwaltung des Lagers hatte stattdessen angeboten, eine kleine Delegation von maximal zehn Personen durch das Lager zu führen. Das hatte das Grundrechtekomitee abgelehnt: Es wolle sich nicht potemkinsche Dörfer einer ordentlich verwalteten Lagerwelt mit Werkstätten, Schule, Bibliothek und Kinderbetreuung vorführen lassen. Die Bürgerrechtler beharrten auf einer unabhängigen öffentlichen Inspektion.
Ver-Lagerung von Menschenrechten
Mit dem Aktionstag sollte die Isolation der Flüchtlinge im Lager Bramsche- Hesepe durchbrochen werden. Das Grundrechtekomitee wollte eine bislang allzu gleichgültige Öffentlichkeit gegen die Lagerverbringung von Menschen aufrütteln und die damit einhergehende Ver-Lagerung von Menschenrechten und Demokratie skandalisieren.
Das ist mit diesem Aktionstag trotz breiter Presseresonanz nur ein kleines Stück gelungen. Die Flüchtlinge im Lager Hesepe haben inzwischen angefangen, sich zu organisieren, um den Protest gegen das Lager weiterzuführen. Es gibt keinen akzeptablen Grund, der die Lagerverbringung von Menschen rechtfertigen könnte.
Dirk Vogelskamp
arbeitet für das Komitee für Grundrechte und Demokratie