1. Welches ist Ihre Analyse der Situation der Papierlosen?
Die Anwesenheit von Papierlosen steht für das SRK im Kontext der Globalisierung, in welcher sich das Spannungsfeld zwischen nationalstaatlichen Regelungen und globalen Vernetzungen herausbildet. Gleichzeitig ist sie aber auch eine Antwort auf die restriktive und an der Wirtschaft orientierten Zulassungspolitik und Ausländergesetzgebung. Nationalstaaten und globale Entwicklungen produzieren den Umstand der Papierlosigkeit, ohne eine rechtsstaatliche Handhabung zur Verfügung zu haben.
Das SRK erkennt, dass:
- Papierlose zu den verletzlichsten Menschengruppen der Schweiz gehören
- Papierlose ein Anrecht auf Menschen- und Grundrechte haben
- die rechtlichen und gesellschaftspolitischen Möglichkeiten der Sans-Papiers in der Praxis jedoch fragil sind
- die prekäre Rechtslage die soziale Marginalisierung und die ökonomische Ausbeutbarkeit von Papierlosen in der Schweiz verstärkt
- die Zahl der Sans- Papiers vermutlich zunehmen wird
2. Wie haben Sie die Papierlosen bis jetzt unterstützt?
Ich spreche für die nationale Geschäftsstelle des SRK, welche die Papierlosen auf nationaler Ebne bis anhin nicht direkt unterstützt hat. Hingegen begleitet das Genfer Rote Kreuz Sans-Papiers in der Alltagsbewältigung (was das heisst, wird Adela Martin gleich im Anschluss an mich kurz vorstellen).
Das SRK sieht die Situation der Sans-Papiers als zentrales gesellschaftliches und humanitäres Problem, hat nun eben ein Positionspapier erstellt und diskutiert im Moment konkrete Vorgehensweisen.
Grundsätze wie der Schutz der Menschenwürde und das Engagement für die Verletzlichsten bestimmen die Handlungsoptionen. Mit unserer künftigen Arbeit wollen wir bei den Lebensbedingungen der Sans-Papiers ansetzen.
3. Welche Lösungen schlagen Sie vor und welche Vorschläge möchten Sie den eidgenössischen und kantonalen Behörden vorlegen?
In seiner Informations- und Sensibilisierungsarbeit will das SRK künftig vermehrt auf die Lebensrealitäten von Sans-Papiers und die komplexen Hintergründe dieser Thematik aufmerksam machen. Zudem setzt es sich in Zukunft anwaltschaftlich für die alltagsorientierte Unterstützung von Sans-Papiers ein, damit sie wenigstens grundlegende Menschen- und Grundrechte einfordern können.
Bestehende Dienstleistungen im Sozial-, Bildungs- und Gesundheitswesen sollen auch für Sans-Papiers geöffnet werden. Gemäss seiner Ausrichtung wird sich das SRK dabei auf die DL im Gesundheitswesen konzentrieren. Zudem ist es wichtig, dass sich der Bund sowie die kantonalen Behörden der in diesem Sommer verabschiedeten Bundesstrategie im Bereich Mig & Ges 2002-2006 verpflichten und mithelfen, eine adäquate Gesundheitsversorgung auch für Personen ohne gesicherten Aufenthalt -wie in der Strategie vorgesehen - umzusetzen.
Das SRK ist der Ansicht, dass es Schweizweit niederschwelliger Anlaufstellen für Sans-Papiers bedarf. Diese sollen nicht im Sinne von Ombudsstellen rein juristische Hilfe bieten, sondern v.a. auch Unterstützung im Lebensalltag und individuelle Perspektivenplanung. Das SRK prüft operationelle Möglichkeiten. Wir erachten solche Unterstützungsleistungen als eine Voraussetzung, um auch Sans Papiers ein menschenwürdiges Leben zu garantieren.