Vor zehn Jahren fand in der Schweiz eine erste Mobilisierung der Sans-Papiers statt. Die Leute traten an die Öffentlichkeit und kämpften für ihre Rechte. Seit damals wurden zwar einige Verbesserungen erreicht, die Grundsituation aber blieb die Gleiche wie damals: Sans-Papiers werden in der Schweiz zwar gebraucht, sind aber trotzdem nicht willkommen. Von dieser Situation sind in der Schweiz mind. 100'000 Personen betroffen, wodurch die Sans-Papiers-Frage einer der grössten Widersprüche der Schweizer Migrationspolitik bleibt. Die der Kampagne zugehörige Petition formuliert diesen Widerspruch und stellt sowohl detaillierte, wie auch zwei grundsätzliche Forderungen.
Zwei-Kreise-Schema und Härtefallregelung am Pranger
Die schweizerische Migrationspolitik beruht auf dem Zwei-Kreise-Schema: Für MigrantInnen aus der EU herrscht Freizügigkeit, gegenüber Nicht-EU-MigrantInnen gilt eine fast vollständige Abschottung - trotz klarer Nachfrage nach deren Arbeitskraft. Marianne Halle vom CCSI Genève meint dazu: «Ist das Zwei-Kreise-Schema ein Erfolg? Nein, denn sonst würden nicht mind. 100'000 Sans-Papiers in der Schweiz leben. Ist es hingegen verlogen? Ja, denn die 100'000 Leute arbeiten grösstenteils. Ungeachtet der rein menschlichen Diskriminierungen, welche das Schema hervorbringt, sind wir selber auch einfach auf diese Menschen angewiesen. Das ist ein Fakt. Das Zwei-Kreise-Schema ist also nicht mehr als die Basis einer veritablen Illegalisierungs-Maschinerie ohne Sinn und Logik.» Das Ausländergesetz und die laufenden Verschärfungen des Asylrechts produzieren gleichzeitig immer mehr Sans-Papiers. Deren einzige Möglichkeit, aus der Illegalität auszubrechen, ist die Härtefallregelung. Deren Handhabung wiederum ist willkürlich und gleicht einer Lotterie für die Betroffenen. «Wir haben hier aktuell Fälle von Kindern, welche in der Schweiz geboren wurden, seit über zehn Jahren hier leben und jetzt ausgeschafft werden sollen. Einer anderen Person droht nach über 20-jährigem Aufenthalt in der Schweiz das gleiche Schicksal. Anhand solcher Fälle muss man festhalten: die Härtefallregelung funktioniert nicht», sagt Mirjam Ringenbach von der Anlaufstelle für Sans-Papiers in Basel.
Eine «Bewegungskampagne»
Um den Forderungen der Kampagne das nötige Gehör zu verschaffen, sind sowohl Sensibilisierung wie eine starke Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit zwingend. Moreno Casasola von Solidarité sans frontières erklärt: «Wir sind eine Bewegung, welche die eigentliche Grundsatzfrage in Bezug auf Sans-Papiers stellt: endlich die Realität anerkennen oder weiter ausgrenzen? Um aufzuzeigen, dass die zweite Alternative keine ist, müssen wir einerseits die Bevölkerung informieren - denn viele Leute wissen gar nicht, was Sans-Papiers eigentlich sind. Andererseits beanspruchen wir als Bewegung den öffentlichen Raum: Eine grosse Demo im Herbst ist als momentaner Endpunkt geplant. Auf dem Weg dahin gehören Camps, Kundgebungen, kleinere Demos, Festivals und Aktionen des zivilen Ungehorsams zum Standardprogramm.»
Die Kampagne wird von einer Vielzahl an Organisationen, Gewerkschaften und politischen Parteien unterstützt, unter anderem auch von der Unia, den Grünen und der SP. Zahlreiche National- und StänderätInnen stützen die Forderungen der Kampagne ebenfalls.
Unterstützende Organisationen und Parteien (13.4.2011)
ACLI Ticino | AL Bern | AL Schaffhausen | AL Zürich | Anlaufstelle für Sans-Papiers Basel | Asylbrücke Zug | augenauf Bern | augenauf Zürich | BastA! Basels starke Alternative | Berner Beratungsstelle für Sans-Papiers (VBBS) | Bleiberecht-Kollektive Schweiz | C.E.D.R.I. | Caritas Genève | CCSI Fribourg | CCSI Genève | Centre Camarada | Centre Social Protéstant Genève | Centre Social Protéstant Vaud | cfd - die feministische Friedensorganisation | Collectif de soutien aux sans-papiers de Genève | Collectif Vaudois de Soutien aux Sans-Papiers | Coordination Asile Migration Vaud | CS()A il Molino | CTSSL - Collectif des travailleuses/eurs sans statut légal | DJS - Demokratische JuristInnen und Juristen | Europäisches BürgerInnen Forum | FIMM Schweiz - Forum für die Integration der Migrantinnen und Migranten | FIZ Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration | Freiplatzaktion Zürich | Gewählte-Stimme - Stimme der gewählten MigrantInnen für alle | Gioventù Comunista | Giullari di Gulliver | grundrechte.ch | Grüne Schweiz | I Verdi Ticino | Interprofessionelle Gewerkschaft IGA | Junge Grüne Schweiz | JUSO Schweiz | La Ligue suisse des droits de l'homme/Genève | La Sinistra | l'autre syndicat | Le collectif de soutien et de défense des Sans-Papiers de la Côte | Les Verts Genève | Movimento senza voce | Parti du Travail Genevois | Partito Comunista Ticino | PS Canton Genève | PS Lausanne | PS Ticino | Red-Latinoamericana Zürich (RLZ) | SIT - Syndicat interprofessionnel de travailleuses et travailleurs | Solidaritaetsnetz Ostschweiz | Solidaritaetsnetz Zürich | Solidarité sans frontières | solidaritéS | Solinetz Basel | SOS Ticino | SP Schweiz | SPAZ - Sans-Papiers Anlaufstelle Zürich | Stopexclusion | Syna | Syndical CGAS | Syndicom | terre des hommes schweiz | Unia | Union der ArbeiterInnen ohne geregelten Aufenthalt Basel | Unión Mexicana Suiza (UMES) | VPOD Ticino
Weitere Fotos zur Lancierung finden Sie hier.
Für Auskünfte
- Moreno Casasola | Generalsekretär Solidarité sans frontières | 0786127517
- Mirjam Ringenbach | Anlaufstelle für Sans-Papiers Basel | 0764781064
- Marianne Halle | CCSI Genève | 0792729259