Ausschaffungsinitiative: Kühlen Kopf statt kalte Füsse!
2.2.2010 / Nach dem unerwarteten Ja zur völkerechtswidrigen Minarett-Verbots-Initiative hat die Mehrheit der Staatspolitischen Kommission des Ständerats (SPK-S) kalte Füsse bekommen und ihre ursprüngliche Ablehnung der Initiative umgestossen. Mit einem direkten Gegenvorschlag will sie nun das Anliegen der «Schwarze Schafe-Initiative» aufnehmen. «Die Politiker würden besser kühlen Kopf bewahren» kritisiert Balthasar Glättli, Generalsekretär von Solidarité sans frontières, die Umfaller.
Klar ist, dass die Initiative der SVP Willkür und Unverhältnismässigkeit in der Verfassung verankern würde. Wie der Ausländerrechts-Experte Marc Spescha bereits am 14. November 2008 ausführte, abstrahiert «der von den Initianten aufgestellte Katalog von Straftaten gänzlich von der Tatschwere. So gilt die Ausschaffung als Rechtsfolge bei Drogenhandel oder Einbruchsdelikten unabhängig vom Schweregrad, vom Verschulden und vom Strafmass beim begangenen Delikt.» Statt die Initiative für ungültig zu erklären oder sie zumindest klar abzulehnen, greift der Gegenvorschlag der Kommission mit der Formulierung «oder eine andere mit einer Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bedrohte Tat» exakt den gleichen Deliktkatalog auf.
Kumulierte Strafen: Auch Kleindelikte führen laut Gegenvorschlag zu Ausschaffung.
«Wer der SVP-Initiative etwas entgegensetzen will, muss Schluss machen mit dem Kriminalisierungswahn», so Balthasar Glättli. Das machen weder der indirekte Gegenvorschlag von Bundesrätin Widmer-Schlumpf noch der direkte, den die SPK des Ständerats heute präsentierte. Beide wollen die Ausschaffung nicht nur ermöglichen, wenn die betroffene Person zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt wurde. Dadurch, dass die Strafen für kleinere Delikte zusammengezählt werden können, wird das angebliche Ziel, Schwerstkriminelle ausschaffen zu können, ad absurdum geführt.
Umsetzungsprobleme vorgezeichnet.
Probleme in der Umsetzung sind zudem vorgezeichnet. Das Freizügigkeitsabkommen beschränkt nämlich die Möglichkeit von Ausschaffungen auf schwere Verbrechen. Daran könnte weder die Initiative noch die Gegenvorschläge etwas ändern. «Sie führen die Symbolpolitik der SVP fort: Man konstruiert Probleme, kämpft für Scheinlösungen und gibt sich danach entrüstet, wenn diese nicht greifen.»
Solidarité sans frontières hat sich im Frühjahr 2009 an einer breit abgestützten Vernehmlassung zum indirekten Gegenvorschlag des Bundesrats beteiligt.