Der Bundesrat hat sie verkündet, die frohe Botschaft für die Migrations-Eliten - die Hiobsbotschaft für die Unterklassen-MigrantInnen. "Verbesserte Rechtsstellung" für die einen, "Missbrauchsbekämpfung" gegen die andern. Für die Unterklasse, die "unerwünschten Einwandernden", sollen die "Eingangshürden" erhöht werden. Falls die willigen und billigen Arbeitskräfte dennoch gebraucht werden, dann werden sie nur kurz befristet zugelassen und müssen nach getaner Arbeit das Land sofort wieder verlassen. Noch steht eine praktikable Regularisierungslösung für Sans-papiers aus, und schon wird ein Gesetzesentwurf aufgetischt, der neue Sans-papiers produziert. "Die Grundrechte gelten für alle Menschen", heisst es in der Botschaft, "Ausnahmen von diesem Grundsatz" seien jedoch möglich, nämlich für die nicht zugelassenen AusländerInnen. Um einer Solidarisierung mit ihnen vorzubeugen, soll sich strafbar machen, wer Verfolgten zur Flucht über die Grenze hilft. Wer das "rechtswidrige Verweilen erleichtert oder vorbereiten hilft", solle schwer bestraft werden, auch wenn dies aus achtenswerten Gründen geschehe.
An verschiedenen Orten in der Schweiz wird zum zivilen Ungehorsam gegen diese verordnete Unmenschlichkeit aufgerufen: "Deshalb werden wir entsprechend handeln, wenn wir papierlosen Menschen begegnen, die in Not sind. Wir werden für sie tun, was uns nötig erscheint und uns möglich ist, auch wenn wir uns laut unseren Gesetzen dabei strafbar machen" (Erklärung zur Situation der Sans-papiers vom 8.2.02, anlässlich eines Gottesdienstes in Zürich).
In gleichem Sinne ruft auch das Dreiländermanifest auf: "Wir, Menschen in der Nordwestschweiz, im Alsace und in Baden, lehnen die Kriminalisierung von Menschen auf der Flucht und Wanderung ab. Wir lehnen die hier stattfindende soziale, politische, kulturelle und wirtschaftliche Ausgrenzung ab, die weitere Ungleichheit schafft." Die Organisationen der Dreiländerregion rufen zur gemeinsamen Manifestation am Samstag, 15. Juni 2002 in Weil am Rhein und in Basel auf.
Kontakte: Ligue des Droits de l'Homme in Mulhouse, SAGA in Freiburg i.B., E-Mail und Solidarité sans frontières, E-Mail.
Anni Lanz