An die Inlandredaktionen
Der Bundesrat hat heute einen so genannten Richtungsentscheid hinsichtlich der Teilrevision des Asylgesetzes getroffen. In diesem Entscheid, so kritisiert Solidarité sans frontières - bleiben nach wie vor viele Fragen offen. Die grundsätzlich repressive Ausrichtung der Revision wird auch durch die teilweise positiven Ansätze nicht verändert.
So hält der Bundesrat nach wie vor an dem Prinzip fest, dass bei Einreise aus einem angeblich sicheren Drittstaat ein Nicht-Eintretens-Entscheid erfolgen soll. Grundsätzlich bedeutet dies, dass alle auf dem Landweg einreisenden Flüchtlinge entweder zur Lüge gezwungen oder aus dem Asylverfahren ausgeschlossen werden. Bundesrätin Metzler versprach Ausnahmen: zum einen für Personen die Familienangehörige in der Schweiz haben, wobei unklar bleibt, welcher Verwandtschaftsgrad hier ausreichend sein soll; zum anderen sollen alle Personen ein Asylverfahren durchlaufen können, die Flüchtlinge sind. Für Solidarité sans frontières stellt sich hier allerdings die Frage, wie die Flüchtlingseigenschaft festgestellt werden kann, wenn auf das Asylgesuch nicht eingetreten wird.
Solidarité sans frontières begrüsst die Ankündigung, die Beschwerdemöglichkeit im beschleunigten Asylverfahren sowie im Flughafenverfahren nun endlich völkerrechtskonform auszugestalten. Was die zentrale Frage der Beschwerdefristen betrifft, ist der Bundesrat allerdings auf halbem Wege stecken geblieben. Fünftägige Fristen sind nach wie vor zu kurz, um einen effizienten Rechtsschutz sicherzustellen.
Die Schaffung eines neuen Status der "integrativen Aufnahme" für Personen, deren Wegweisung nicht zumutbar ist, ist für Solidarité sans frontières ein Schritt in die richtige Richtung, insbesondere weil die Betroffenen einen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten sollen. Hingegen belässt der Bundesrat jene rund 10'000 Personen, deren Wegweisung nicht möglich ist, weiterhin in einem unerträglichen Wartezustand. Unklar bleibt, ob das Arbeitsverbot gegen diese Personen tatsächlich aufgehoben wird. In jedem Falle ist die Situation dieser nur "Geduldeten" so unsicher, dass sie kaum einen Arbeitgeber finden dürften.
Mit der neu vorgesehenen Kompetenz, für bestimmte Gruppen von Asylsuchenden ein Arbeitsverbot verhängen zu können, schafft sich der Bundesrat einmal mehr eine Quasi-Notrechtsregelung. Dieses selektive Arbeitsverbot kann zudem zu ethnischen Diskriminierungen führen. Wer wie Bundesrat und kantonale Polizeidirektoren ständig über die Kosten des Asyls jammert, muss endlich konsequent handeln - und das heisst: das Arbeitsverbot generell zu beseitigen.
Bern, den 26. Juni 2002