Die Zustände im EVZ Basel sind unhaltbar. Das von der ORS Services AG geführte Zentrum ist überfüllt und den Flüchtlingen wird deshalb die Unterbringung verweigert. Familien mit Kindern richten sich auf Nächte im Freien ein. Private AktivistInnen und karitative Organisationen springen in die Bresche und füllen so eine staatliche Lücke, die niemals hätte entstehen dürfen. Die Ursachen für diesen eklatanten Missstand sind auf verschiedenen Ebenen zu suchen.
Keine "Flutwelle", sondern abgebaute Strukturen
Die laufenden Asylstatistiken zeigen es: Die Unterbringungskrise im Asylbereich ist von den Behörden hausgemacht. Von Januar bis Ende November 2011 verzeichnete die Schweiz 18’414 neue Asylgesuche – eine Zahl also, die unter dem jährlichen statistischen Mittel der letzten zehn Jahre (rund 21000) und weit unter den Höchstzahlen von 1999 (47500) liegt. Die Asylgesuche aus dem nordafrikanischen Raum machen dabei lediglich rund 15% aus. Der aktuelle Engpass ist folglich nicht durch eine „Flutwelle“ von nordafrikanischen Asylgesuchen, sondern durch den systematischen strukturellen Abbau des BFM im Asylwesen bedingt. Er ist das Erbe der Ära Bundesrat Blocher.
Der „Faktor Bettwil“
Das BFM hat es seit über einem Jahr verpasst, sich auf mögliche Folgen des arabischen Frühlings vorzubereiten. Dieser wurde bereits im Frühjahr 2011 von einer üblen Stimmungsmache begleitet, als VertreterInnen der bürgerlichen Parteien den nordafrikanischen MigrantInnen pauschal die Flüchtlingseigenschaft absprachen. Als Multiplikator hierzu wirkt heute der „Faktor Bettwil“: Auf Kantons- und Gemeindeebene laufen BürgerInnen gegen neue Zentren Sturm, notabene noch bevor eine einzige asylsuchende Person angekommen ist. «Eine solche Stimmungsmache gegen Asylsuchende ist angesichts einer bereits prekären Unterbringungssituation widerlich», erklärt Moreno Casasola von Sosf. «Das Resultat sehen wir nun: Niemand will die Flüchtlinge aufnehmen. Deshalb landen sie bei Minusgraden auf der Strasse und bezahlen die Quittung für das Versagen der Behörden. Das ist absolut unentschuldbar.»