Ein neuer UN-Bericht spricht von Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegenüber Migrant:innen in Libyen. Europa ist mitverantwortlich dafür – insbesondere Frontex durch ihre Zusammenarbeit mit libyschen Milizen. Das betrifft auch die Schweiz.
Ein von der UN-Untersuchungsmission für Libyen am 28. März veröffentlichter Bericht zeichnet ein Bild systematischer Gewalt und Ausbeutung mit oftmals tödlichen Folgen für Migrant:innen in Libyen. Die Expert:innen schreiben, „dass zahlreiche Verstöße gegen Migrant:innen, Flüchtlinge und Asylbewerber:innen möglicherweise Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen.“ Sie dokumentieren Mord, Folter, unmenschlichen Handlungen, Vergewaltigung, Verfolgung und Versklavung.
Die Gewalt findet unter anderem in offiziellen und inoffiziellen Gefängnissen der Abteilung für die Bekämpfung der illegalen Migration (engl. DCIM) statt. Dabei stellt der Bericht die Gewalt in einen expliziten Zusammenhang mit dem gewaltsamen Abfangen von migrantischen Booten auf dem Meer durch die libysche Küstenwache. Und mit deren Zusammenarbeit mit Europäischen Behörden. Seit dem letzten Bericht im Oktober 2021 hat die Mission Fälle von Mord, Folter, unmenschliche Behandlung, Vergewaltigung und Versklavung dokumentiert, die einem konsistenten Muster folgen. Alleine während dieser Zeit wurden Tausende Migrant:innen von der libyschen Küstenwache abgefangen – oft unter Mithilfe von Frontex. Die Migrant:innen wurden zurückgebracht zu „wilkürrlicher Inhaftierung, unmenschlichen Bedingungen, Folter und anderen Misshandlungen. Die Mission überprüft derzeit Berichte über Massengräber mit Migrant:innen in der Region Bani Walid. Ein Betroffener berichtete, dass er selber drei Tote in einem solchen vergraben musste. Ebenfalls schreiben die Expert:innen von systematischer sexualisierter Gewalt und Vergewaltigungen.
Das alles ist untrennbar mit der EU-Migrationspolitik und insbesondere mit der EU-Grenzschutzagentur Frontex verbunden. EU-Staaten wie Italien rüsten die libysche Küstenwache mit Booten und militärischer Infrastruktur aus. Und Frontex informiert die libysche Küstenwache direkt über migrantische Boote in Richtung Europa. Frontex kommuniziert dabei unter anderem via WhatsApp mit den libyschen Milizen. Dafür hat Frontex in den letzten Jahren eine eigene Flotte an Flugzeugen und Drohnen für die Luftüberwachung ausgegeben - alleine die Flugzeuge es Frontex „Luftüberwachungsdienstes“ (FASS) kosteten 147 Millionen Euro. Hinzu kommen Multimillionenverträge mit Rüstungsunternehmen wie Airbus oder Israel Aerospace Industries für den Kauf und den Betrieb militärischer Drohnen.
Damit macht sich Frontex und mit ihr auch die Schweiz mitschuldig für die Gräueltaten, die Migrant:innen in Libyen widerfahren. Der am 15. Mai zur Abstimmung stehende Frontex-Ausbau zementiert diese Entwicklung und treibt die Frontex-Aufrüstung und damit auch die Rückführungen von Migrant:innen nach Libyen weiter voran. Die Schweiz trägt damit zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit bei.