Verbot des Familiennachzugs für vorläufig Aufgenommene knapp abgelehnt

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Das war knapp!

Der Ständerat hat die Abschaffung des Familiennachzugs für vorläufig Aufgenommene knapp abgelehnt.

 

Die Erleichterung ist gross! Dank der Mobilisierung der Zivilgesellschaft und dank der wichtigen Sensibilisierungs- und Informationsarbeit der Asylorganisationen und Hilfswerke konnte ein gewalttätiger und entmenschlichender Entscheid verhindert werden.

 

Trotzdem müssen wir wachsam bleiben. Dass die Abschaffung des Rechts auf Familiennachzug ernsthaft in Erwägung gezogen wurde und nur mit 20 zu 18 Stimmen bei 4 Enthaltungen abgelehnt wurde, zeigt, dass wir nicht locker lassen dürfen. SVP und FDP haben bereits weitere Vorstösse eingereicht, die das Recht auf Asyl direkt angreifen. Und die Situation der vorläufig aufgenommenen Personen bleibt äusserst prekär.

 

Denn nun bleibt der Status quo erhalten: Vorläufig Aufgenommene müssen weiterhin extrem strenge Bedingungen erfüllen, um ihre (Kern-)Familie in die Schweiz nachzuziehen. Sie müssen mehrere Jahre warten, eine Landessprache sprechen, finanziell unabhängig sein und über eine Wohnung mit genügend Zimmern verfügen. Nicht ohne Grund werden pro Jahr nur etwa 100 Anträge auf Familiennachzug bewilligt.

 

Daher hätte die Abschaffung des Rechts auf Familiennachzug für die Schweizer Bevölkerung auch keinerlei Auswirkungen gehabt. Etwa hundert Familiennachzüge weniger pro Jahr wären eine zu vernachlässigende Grösse gewesen.

 

Für vorläufig Aufgenommene und für diejenigen, die immer noch der Meinung sind, dass alle Menschen die gleichen Rechte haben, ist es hingegen ein Schlag ins Gesicht, dass dieser Vorstoss beinahe angenommen wurde. Dass es überhaupt soweit kommen konnte, ist die Folge jahrelanger entmenschlichender Hassreden gegenüber Menschen auf der Flucht. Weil niemand der (extremen) Rechten Einhalt gebietet, sind wir an einem Punkt angelangt, an dem es akzeptabel erscheint, Eltern zu verbieten, mit ihren Kindern zusammenzuleben, nur weil sie nicht die richtigen Papiere haben.

 

Am Ende dieses Jahres der repressiven Wenden in der Asylpolitik müssen wir verständlich machen, dass das schweizerische und das europäische Asylsystem nicht an jenen scheitert, die hier Schutz suchen. Es scheitert vielmehr an den Abgeordneten, die sich seine Zerstörung zum Ziel gesetzt haben.

 

Der kleine Sieg im Ständerat ist deshalb auch nur eine kurze Verschnaufpause. Es braucht jetzt ein kollektives Aufbäumen, um gleiche Rechte für alle zu fordern, ohne Einschränkung. Migration ist eine Tatsache. Migration ist normal und kann auch nicht einfach aufgehalten werden. Ein gutes Zusammenleben ist nur möglich, wenn alle, die hier sind, ein würdiges und freies Leben führen können.

 

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