Bisher konnte der Kanton Schwyz alle Bestrebungen des Staatsekretariats für Migration (SEM), auf seinem Terrain ein BAZ zu realisieren, abwenden. Nun machte das SEM am 10. Januar 2024 publik, dass es in Oberarth (SZ) ein Bundesasylzentrum (BAZ) mit 170 Plätzen für abgewiesene Asylsuchende plant.
Die SVP Schwyz mobilisiert sofort und lanciert eine Online-Petition dagegen. Das BAZ sei am falschen Platz, es kämen zu viele Asylsuchende, es koste zu viel, es solle in eine Stadt verlegt werden. Kurz vor den kantonalen Wahlen vom 3. April veranstaltet die Partei am Ort des geplanten Ausschaffungszentrums eine Protestkundgebung. Anwesend sind die Spitzen der Kantonalpartei. Sie verwünschen das Zentrum nach Zürich zusammen mit zwei Wölfen. Derweil werden sarkastische, fremdenfeindliche Flugblätter in die Briefkästen von Arth und Goldau gesteckt. Die Petition der SVP erhält – Stand am 21.4.24 - mehr als 5'300 Unterschriften.
Prompt holt die Partei mit dieser Strategie am 3. April fünf zusätzliche Sitze, die sie der Mitte, der FDP, der SP und der GLP abjagt.
Am 17. April kommt die Direktion des SEM nach Oberarth, um das geplante BAZ vorzustellen. In der Sporthalle finden sich rund 1000 Leute ein. Es herrscht Anspannung und Verunsicherung. Schon beim Eingang fordern Plakate «Wir fordern Remigration – Nein zum Bundesasylzentrum». Grotesk, die Übernahme dieses unsäglichen, rechtsextremen Kampfbegriffs, sollen doch im geplanten BAZ abgewiesenen Geflüchtete ihre Ausschaffung abwarten. SEM-Direktorin Schraner-Burgener versucht, die Wogen zu glätten, indem sie Verständnis für die Sicherheitsbedenken zeigt und darauf hinweist, dass die im Zentrum Untergebrachten nur tagsüber Ausgang hätten und es nachts nicht verlassen dürften. Zudem würden Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte entschlossen gegen «Pöbelnde» und «Straffällige» vorgehen. SEM-Vizedirektor Suter weist darauf hin, dass das Zentrum nicht vor 2030 realisiert werde. Die Teilnehmenden lassen sich mit solchen Erklärungen nicht abspeisen. Die FDP-Regierungsrätin, der das Migrationsamt untersteht, und der Gemeindepräsident von Arth erklären, das geplante Zentrum werde anstatt wie vom SEM geplant 340 nur 170 Personen beherbergen und die Gemeinde müsse keine weiteren Asylsuchende unterbringen. Auch diesem Argument wird in der Diskussion nur widersprochen: Ein BAZ soll es im Kanton Schwyz nicht geben…
Am 19. April verlangt die grösste Partei des Kantons, das SEM müsse seinen Entscheid angesichts des Protests zurücknehmen. Und wenig später outet sich die «Junge Tat», eine Gruppe von Rechtsextremisten, als Verfasserin der sarkastischen, fremdenfeindlichen Flyer, die in den Briefkästen von Arth und Goldau landeten. Die Junge SVP Schwyz erklärt dazu umgehend, sie habe nichts davon gewusst. Die Kantonalpartei schweigt. Sie hat die Aufregung geschürt und damit politisch Erfolg. Das gilt auch für ihre Trittbrettfahrenden.
Die grösste Partei des Kantons Schwyz stärkt ihre Position mithilfe von beschämenden und unappetitlichen Kampagnen. Trotz gegen Bern, Trotz gegen das Unterbringen von abgewiesenen Geflüchteten. Dass sie in Schwyz den Ton angibt, zeigt sich auch am Sessionsprogramm des Kantonsrats: Er debattiert am 27. April über die (angeblich nicht korrekt erfolgende) Zuteilung von Geflüchteten an die Gemeinden und über die Belastung der Gemeinden durch Abgewiesene mit Dublin-Entscheid (die in der Regel in Kantonalen Asylzentren untergebracht sind).