Erfolg beim Schutz von Opfern häuslicher Gewalt

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Erfolg beim Schutz!

Längst fällig, endlich abgeschlossen: In der Sommersession haben sich National- und Ständerat darauf geeinigt, ausländische Opfer von häuslicher Gewalt während der ersten drei Jahre ihres Aufenthalts in der Schweiz besser zu stellen. Die Parlamentarische Initiative 21.504 der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats hat nach zweieinhalb Jahren eine Erleichterung des AIG möglich gemacht.

 

Bisher war das Erleiden von häuslicher Gewalt schon ausdrücklich als «wichtiger Grund» anerkannt, der «einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz» erforderlich macht, selbst wenn die Familiengemeinschaft noch nicht drei Jahre gedauert hat. Wer – im Rahmen des Familiennachzugs – neu in die Schweiz eingereist ist und Opfer häuslicher Gewalt wurde, konnte sich somit schon bisher vom Partner bzw. von der Partnerin trennen, ohne den Verlust des Aufenthaltsrechts und damit die Wegweisung befürchten zu müssen.

 

Das Parlament hat nun den Schutz von Opfern häuslicher Gewalt verbessert. Neu werden auch Inhaber:innen von Kurzaufenthaltsbewilligungen (Ausweis L) und Personen, die als Härtefall eine Aufenthaltsbewilligung erhielten (Ausweis B nach Umwandlung des Ausweises F), vor einer Wegweisung geschützt. 

 

Bei der Differenzbereinigung gab im Nationalrat – neben der üblichen «Missbrauchs-Leier» der SVP – vor allem zu reden, wie Gewaltopfer häusliche Gewalt nachweisen können. Schliesslich haben sich die Räte auf eine Liste von Beweismitteln geeinigt, die eine ausreichend intensive Gewaltanwendung nachweisen können. Es sind dies: 1. die Anerkennung als Opfer im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 des Opferhilfegesetzes durch die dafür zuständigen Behörden, 2. die Bestätigung einer notwendigen Betreuung oder Schutzgewährung durch eine auf häusliche Gewalt spezialisierte Fachstelle in der Regel mit öffentlicher Finanzierung, 3. polizeiliche oder richterliche Massnahmen zum Schutz des Opfers, 4. Arztberichte oder andere Gutachten, 5. Polizeirapporte und Strafanzeigen oder 6. strafrechtliche Verurteilungen. Die Liste soll sicherstellen, dass die gegen die Opfer ausgeübte Gewalt ein gewisses Minimum erreicht. Zudem soll das Aufsuchen einer Beratungen wegen häuslicher Gewalt für sich nicht genügen.

 

Umstritten war auch ein Antrag von Links-Grün. Er wollte sicherstellen, dass die Prüfung der Integrationskriterien (nach Artikel 58a Absatz 1 Buchstaben c und d AIG) während der ersten drei Jahre – bei Erleiden häuslicher Gewalt – keinen Einfluss auf die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung haben könnte. Die Mehrheit des Nationalrats wies diese Erleichterung zurück mit dem Hinweis, gemäss dem geltenden Integrationsartikel (siehe Art. 58a Abs. 2 AIG) könnten bei fraglicher Integration schon jetzt persönliche Hindernisse berücksichtigt werden. 

 

Der Ständerat folgte dieser nationalrätlichen Version schliesslich am 29.05.2024. Die Schlussabstimmungen fanden am 14.06.2024 statt. Der Nationalrat machte das Projekt mit 132 zu 66 Stimmen bei 0 Enthaltungen und der Ständerat mit 33 zu 9 Stimmen bei 3 Enthaltungen zum Gesetz. Offen ist nur noch, wann genau der Bundesrat die neuen Bestimmungen des AIG in Kraft setzt.

 

Eine vernünftige Migrationspolitik, die Erleichterungen für in der Schweiz lebende Ausländer:innen anstrebt, geht nur über intensives Lobbying und Knochenarbeit im Parlament. Da haben es migrationskritische und/oder fremdenfeindliche Populisten, die Migration für alles Schlechte im Land verantwortlich machen wollen, sehr viel einfacher.